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Das Gewicht der Ehre
Morgan Rice


Von Königen Und Zauberern #3
Eine action-geladene Fantasy-Geschichte, die den Fans von Morgan Rices vorherigen Büchern und den Liebhabern von Büchern wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini gefallen dürfte… Fans von Fantasy-Geschichten für junge Erwachsene werden dieses jüngste Werk von Rice verschlingen und um mehr betteln. The Wanderer, A Literary Journal (über Der Aufstand der Drachen) Die Nummer 1 Bestseller Serie! DAS GEWICHT DER EHRE ist Buch Nummer 3 aus Morgan Rices epischer Fantasy Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN (welche mit dem AUFSTAND DER DRACHEN, als Gratis-Download beginnt) ! In GEWICHT DER EHRE trifft Kyra endlich ihren mystischen Onkel und ist geschockt, als sie entdeckt, dass er nicht der Mann ist den sie erwartet hatte. Sie ist in ihr Training vertieft, welches ihre Ausdauer und ihre Frustration auf die Probe stellt, da sie schon bald die Grenzen ihrer Macht erfährt. Unfähig ihren Drachen zu rufen und unfähig tief in sich zu suchen, hat sie außerdem das drängende Gefühl ihrem Vater im Krieg beistehen zu müssen. Jedoch zweifelt sie daran die machtvolle Kriegerin werden zu können auf die alle warteten. Und als sie einen rätselhaften Jungen tief im Wald entdeckt, der viel mächtiger ist als sie, beginnt sie sich zu fragen, was die Zukunft wirklich für sie bereithält. Duncan muss mit seiner neuen Armee von den Gipfeln Kos hinabsteigen und gegen eine große Überzahl von Pandesiern eine riskante Invasion auf die Hauptstadt vorbereiten. Wenn er gewann, würde hinter ihren dicken Mauern der alte König und sein Nest voller Adliger, die alle ihre eigenen Pläne verfolgten und die genauso schnell verraten konnten, wie sie umarmen konnten, warten. Escalon zu vereinen, könnte in der Tat schwieriger sein, als es zu befreien. Alec muss seine einzigartigen Fähigkeiten in der Schmiede in Ur nutzen um dem Widerstand zu helfen und um eine Chance zur Verteidigung der sich annähernden pandesischen Invasion zu haben. Er erstarrt vor Ehrfurcht als er Diedre, das stärkste Mädchen, das er kennt, trifft. Dieses Mal hat sie die Möglichkeit sich den Pandesiern zu stellen und als sie das mutig tut fragt sie sich ob ihr Vater und seine Männer sie wieder übergeben werden. Vesuvius führt seine Trollnation über das verwundbare Escalon. Er zerstört das Land, während Theos voller Rage, seinen Sohn suchend, zeitgleich seine Wut über Escalon niederlässt und nicht aufhören wird, bis ganz Escalon zerstört ist. Mit seiner starken Atmosphäre und seinen komplexen Charakteren ist DAS GEWICHT DER EHRE, eine schwungvolle Saga von Rittern und Kriegern, von Königen und Adeligen, von Ehre und Mut, von Magie, Schicksal, Monstern und Drachen. Es ist eine Geschichte von Liebe und gebrochenen Herzen, von Enttäuschung, Ehrgeiz und Verrat. Es ist beste Fantasy, die uns in eine Welt einlädt, die für immer in uns leben wird, eine, die für alle Geschlechter und Altersgruppen geeignet ist. Buch Nummer 4 aus der Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN wird schon bald veröffentlicht. Wenn Sie gedacht haben, dass es nach dem Ende der Serie DER RING DER ZAUBEREI keinen Grund zum Leben mehr gibt, haben Sie sich getäuscht. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN, hat Morgan Rice den verheißungsvollen Auftakt einer weiteren brillanten Serie veröffentlicht, die uns in eine Welt der Trolle und Drachen, voller Heldenmut, Ehre, Tapferkeit, Magie, und dem Glauben an das Schicksal eintauchen lässt. Morgan ist es wieder einmal gelungen starke Charaktere zu erschaffen, die wir nur zu gerne auf jeder Seite anfeuern… Wärmstens empfohlen für die Bibliothek aller Leser, die Fantasy-Geschichten lieben. Books and Movie Reviews, Roberto MattosDER AUFSTAND DER DRACHEN ist von Anfang an ein voller Erfolg… Eine großartige Fantasy Geschichte… Sie beginnt, ganz wie es sein sollte, mit den Lebensqualen eines der Protagonisten und geht schön in einen weiteren Kreis von Rittern, Drachen, Magie, Monstern und Schicksal über… Das Buch beinhaltet alles, was zu einer guten Fantasy-Geschichte gehört, von Kriegern und Schlachten bis zu Konfrontationen der Protagonisten mit sich selbst… Empfohlen für alle, die gerne epische Fantasy mit starken, glaubwürdigen jungen Erwachsenen als Protagonisten mögen. Midwest Book Review, D. Donovan, eBook ReviewerEin Handlungsintensiver Roman, der sich leicht an einem Wochenende lesen lässt… Ein guter Start für eine vielversprechende Serie. San Francisco Book Review (bezugnehmend auf Der Aufstand der Drachen)





Morgan Rice

Das Gewicht der Ehre (Von Königen und Zauberern—Buch #3)




Morgan Rice

Morgan Rice ist die #1 Besteller- und USA Today Bestseller-Autorin der 17 Bände umfassenden epischen Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, der neuen #1 Bestseller Fantasy-Serie VON KÖNIGEN  UND ZAUBERERN, der #1 Bestseller-Serie DER WEG DER VAMPIRE (bestehend aus derzeit 11 Bänden) und der #1 Bestseller-Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, eine post-apokalyptische Thriller-Serie. Morgans Bücher sind verfügbar als Hörbücher und Printeditionen und wurden bisher in mehr als 25 Sprachen übersetzt.

Morgan freut sich, von Ihnen zu hören, darum zögern Sie nicht und besuchen Sie www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/), und melden Sie sich für den Email-Verteiler an. Erhalten Sie so Zugang zu kostenlosen Giveaways, der kostenlosen App und den neusten exklusiven Informationen. Folgen Sie Morgan auch auf Facebook und Twitter um nichts zu verpassen!



Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern

„Wenn Sie gedacht haben, dass es nach dem Ende der Serie DER RING DER ZAUBEREI keinen Grund mehr zum Leben gibt, haben Sie sich getäuscht. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN, hat Morgan Rice den verheißungsvollen Auftakt einer weiteren brillanten Serie veröffentlicht, die uns in eine Welt der Trolle und Drachen, voller Heldenmut, Ehre, Tapferkeit, Magie, und dem Glauben an das Schicksal eintauchen lässt. Morgan ist es wieder einmal gelungen starke Charaktere zu erschaffen, die wir nur zu gerne auf jeder Seite anfeuern… Wärmstens empfohlen für die Bibliothek aller Leser, die Fantasy-Geschichten lieben.“



В В В В --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos

„DER AUFSTAND DER DRACHEN ist von Anfang an ein voller Erfolg…. Eine großartige Fantasy Geschichte… Sie beginnt, ganz wie es sein sollte, mit den Lebensqualen eines der Protagonisten und geht schön in einen weiteren Kreis von Rittern, Drachen, Magie, Monstern und Schicksal über… Das Buch beinhaltet alles, was zu einer guten Fantasy-Geschichte gehört, von Kriegern und Schlachten bis zu Konfrontationen der Protagonisten mit sich selbst… Empfohlen für alle, die gerne epische Fantasy mit starken, glaubwürdigen jungen Erwachsenen als Protagonisten mögen.“



В В В В --Midwest Book Review, D. Donovan, eBook Reviewer

„Eine action-geladene Fantasy-Geschichte, die den Fans von Morgan Rices vorherigen Büchern und den Liebhabern von Büchern wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini gefallen dürfte… Fans von Fantasy-Geschichten für junge Erwachsene werden dieses jüngste Werk von Rice verschlingen und um mehr betteln.“



В В В В --The Wanderer,A Literary Journal (Гјber Der Aufstand der Drachen)

„Eine fantasievolle Fantasy-Geschichte, die Elemente von Mystik und Intrige in die Handlung einwebt. In Queste der Helden geht es um Mut und um das Erkennen des Sinns des Lebens, was zu Wachstum, Erwachsenwerden und Vortrefflichkeit führt… Für alle, die gehaltvolle Fantasy-Abenteuer suchen bieten die Hauptfiguren, ihre Waffen und die Handlung eine Reihe von Begegnungen, die sich auf Thors Entwicklung weg von einem verträumten Kind zu einem jungen Erwachsenen konzentrieren, bei denen er sich schier unlösbaren Aufgaben gegenüber findet… Das ist nur der Anfang von etwas, das verspricht, eine epische Serie für junge Erwachsene zu werden.”



В В В В --Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)

„DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten die für sofortigen Erfolg nötig sind: Anschläge und Gegenanschläge, Mysterien, edle Ritter und blühende Beziehungen die sich mit gebrochenen Herzen, Täuschung und Betrug abwechseln. Die Geschichten werden sie über Stunden in ihrem Bann halten und sind für alle Altersstufen geeignet. Eine wunderbare Ergänzung für das Bücherregal eines jeden Liebhabers von Fantasy Geschichten.”



В В В В --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos

„Mir gefiel besonders, wie Morgan Rice den Charakter von Thor aufgebaut hat und die Welt in der er lebte. Die Landschaft und die Kreaturen, die sie bevölkerten waren sehr gut beschrieben… Ich mochte [die Handlung]. Sie war kurz und prägnant… Genau die richtige Menge von Nebenfiguren, damit es nicht verwirrend wird. Es gab Abenteuer und erschreckende Augenblicke, doch die dargestellte Action war nicht übermäßig grotesk. Das Buch ist perfekt für Leser im Teenager-Alter… Der Anfang von etwas Bemerkenswerten ist gemacht.“



В В В В --San Francisco Book Review

„In diesem aktionsgeladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Serie Der Ring der Zauberei (die 17 Bücher umfasst) stellt Rice den Lesern den 14-jährigen Thorgrin „Thor“ McLeod vor, dessen Traum es ist, sich der Silber-Legion anzuschließen, den Elite-Rittern, die dem König dienen. Rices Schreibstil ist solide und die Geschichte fasziniert.“



В В В В --Publishers Weekly

„ [QUESTE DER HELDEN] ist schnell und leicht zu lesen. Die Enden der Kapitel sind so gestaltet, dass man weiterlesen muss, um zu erfahren, was als nächstes passiert und Sie werden das Buch nicht beiseitelegen. (…) Das Ende des Buchs weckte den Wunsch in mir, sofort das nächste Buch zu kaufen – was ich auch getan habe. Alle Bücher der Serie Der Ring der Zauberei sind derzeit im Kindle Store erhältlich und Queste der Helden ist aktuell als kostenloser Download verfügbar, damit Sie sofort loslegen können! Wenn Sie nach einem Buch für den Urlaub suchen, das schnell zu lesen und unterhaltsam ist, haben Sie es gefunden.“



В В В В --FantasyOnline.net


VON KГ–NIGEN UND ZAUBERERN

DER AUFSTAND DER DRACHEN (BAND #1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (BAND #2)

DAS GEWICHT DER EHRE (BAND#3)

DIE SCHMIEDE DES MUTS (BAND #4)



DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (BAND #1)

MARSCH DER KГ–NIGE (BAND #2)

LOS DER DRACHEN (BAND #3)

RUF NACH EHRE (BAND #4)

SCHWUR DES RUHMS (BAND #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT(BAND #6)

RITUS DER SCHWERTER (BAND #7)

GEWГ„HR DER WAFFEN (BAND #8)

HIMMEL DER ZAUBER (BAND #9)

MEER DER SCHILDE (BAND #10)

REGENTSCHAFT DES STAHLS (BAND #11)

LAND DES FEUERS (BAND #12)

DIE HERRSCHAFT DER KГ–NIGINNEN (BAND #13)

DER EID DER BRГњDER (BAND #14)

DER TRAUM DER STERBLICHEN(BAND #15)

DAS TOURNIER DER RITTER (BAND #16)

DAS GESCHENK DER SCHLACHT (BAND #17)



DIE TRILOGIE DES ГњBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)

ARENA TWO –  ARENA ZWEI (BAND #2)



DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (BAND #1)

VERGГ–TTERT (BAND #2)

VERRATEN (BAND #3)

BESTIMMT (BAND #4)

BEGEHRT (BAND #5)

VERMГ„HLT (BAND #6)

GELOBT (BAND #7)

GEFUNDEN (BAND #8)

ERWECKT (BAND #9)

ERSEHNT (BAND #10)

BERUFEN (BAND #11)



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Copyright В© 2015 by Morgan Rice

Alle Rechte vorbehalten. Mit den im U.S. Copyright Act von 1976 erlaubten Ausnahmen ist es nicht gestattet, jeglichen Teil dieser Publikation in jeglicher Form oder über jegliche Mittel ohne die vorherige Erlaubnis des Autors zu vervielfältigen, zu verteilen oder zu übertragen, oder in einer Datenbank oder einem Abrufsystem zu speichern.

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Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig

Copyright fГјr das Bild auf dem Umschlag by St. Nick, unter Lizenz von Shutterstock.com.








“Wenn ich meine Ehre verliere, verliere ich mich selbst.”

В В В В --William Shakespeare
В В В В Antonio und Cleopatra






KAPITEL EINS


Theos raste auf die Landschaft unter ihm zu. Er war von einem Zorn erfüllt, den er nicht mehr ertragen konnte. Er hatte kein genaues Ziel mehr – er würde die gesamte Menschheit, das gesamte Land von Escalon für den Verlust seines Eies bezahlen lassen.

Er würde die ganze Welt zerstören, bis er fand, wonach er suchte.

Theos wurde von der Ironie des Ganzen innerlich fast zerrissen. Er war aus seinem Vaterland geflohen um sein Ei zu beschützen, um seinem Kind den Zorn aller anderen Drachen zu ersparen, die sich vor seinem Nachwuchs und der Prophezeiung fürchteten, die besagte, dass sein Sohn einmal der Meister aller Drachen werden würde. Sie alle hatten sein Ei zerstören wollen, und das konnte Theos niemals erlauben. Er hatte gegen seine Kameraden – die anderen Drachen gekämpft, hatte eine schwere Wunde aus dem Kampf davongetragen, und floh verwundet, tausende von Meilen über viele große Meere, bis er hier auf dieser Insel der Menschen an diesen Ort ankam, wo die anderen Drachen niemals nach ihm suchen würden. Es war ein sicherer Hafen für sein Ei.

Und als Theos gelandet war, hatte er sein Ei auf dem fernen WaldfuГџboden abgelegt, denn es hatte ihn verletzlich gemacht. Er hatte teuer dafГјr bezahlt, denn die pandesischen Soldaten verwundeten ihn erneut und als er in Eile floh verlor er sein Ei aus den Augen, und sein Leben wurde von diesem einem Menschen, Kyra, verschont. In dieser verwirrenden Nacht inmitten des Schneesturms und des tobenden Windes, war er nicht mehr in der Lage gewesen sein Ei wiederzufinden, es lag vergraben im Schnee und obwohl er verzweifelt wieder und wieder Гјber der Stelle hinwegkreiste und wieder und wieder zurГјckkam, konnte er es nicht finden. Es war ein Fehler gewesen, fГјr den er sich selbst hasste, ein Fehler an dem er der gesamten Menschheit die Schuld gab und den er nie und nimmer verzeihen wГјrde.

Theos tauchte immer schneller hinab, öffnete sein Maul weit und brüllte in seiner Raserei, ein Brüllen so laut, dass es die Bäume erschütterte und stieß dabei eine so heiße Flamme aus, vor der sogar er zurückschreckte. Es war ein riesiger Strom, mächtig genug, um eine gesamte Stadt auszulöschen und er regnete auf sein zufälliges Ziel hinab: Ein kleines, abgelegenes Dorf, welches das Pech hatte auf seinem Weg zu liegen. Ganz weit unten, hatten die mehreren hundert Menschen, die über Farmen und Weinberge verteilt lebten, keine Ahnung, dass der Tod an ihre Tür klopfte.

Als sie nach oben schauten und die herabkommenden Flammen sahen, erstarrten ihre Gesichter bei diesem grausigen Anblick – aber es war zu spät. Sie kreischten und rannten um ihr Leben, aber sie konnten der Feuerwolke nicht entkommen. Die Flammen verschonten niemanden – Männer, Frauen, Kinder, Farmer, Krieger, all jene die rannten und all jene die wie eingefroren da standen. Theos schlug mit seinen riesigen Flügeln und setzte alles unter Feuer, setzte ihre Häuser in Flammen, ihre Waffen, ihren Viehbestand, ihre Besitztümer. Sie alle würden, bis zum letzten Mann, zahlen.

Als Theos endlich wieder hochflog war nichts mehr Гјbrig. Wo einmal das Dorf gestanden hatte, war nun eine riesige Feuersbrunst; Feuer welches bald zu Asche wГјrde. Das passte, dachte Theos: Aus der Asche kam der Mensch und zu Asche wГјrde er wieder zerfallen.

Theos verlangsamte sein Tempo nicht. Er flog weiter, nahe am Boden bleibend, zerhackte er brüllend Bäume, mit einem einzigen Schlag riss er Äste ab und Blätter zu Fetzen. Er flog an den Baumkronen entlang, und immer noch Feuer speiend hinterließ er einen Pfad. Er hinterließ eine riesige Spur, eine Narbe auf dem Land, eine Feuerspur für Escalon, die immer an ihn erinnern sollte. Er setzte einen Großteil des Dornenwaldes unter Flammen, wissend, dass dieser nicht mal in tausenden von Jahren wieder nachwachsen würde, und der Gedanke, dass er Schorf auf diesem Land zurückließ, gab ihm ein wenig Befriedigung. Es wurde ihm bewusst, dass selbst wenn er nur atmete, seine Flammen sein eigenes Ei finden und verbrennen könnten. Aber er konnte sich, immer noch überwältigt von Raserei und Frustration nicht kontrollieren.

Während er weiterflog, veränderte sich die Landschaft nach und nach unter ihm. Wälder und Felder wurden durch Steingebäude ersetzt und als Theos nach unten blickte, sah er, dass er über eine ausgedehnte Garnison flog, die voll von tausenden von Soldaten mit gelben und blauen Rüstungen waren. Pandesier. Voller Panik und Verwunderung betrachteten die Soldaten mit glänzender Rüstung den Himmel. Einige, die Intelligenten flohen; die Tapferen standen ihren Mann und während er näher kam, warfen sie Lanzen und Speere in seine Richtung.

Theos atmete aus und verbrannte all ihre Waffen mitten in der Luft und sendete sie als Ascheregen zur Erde zurück. Er spie weiter Flammen, bis er die jetzt fliehenden Soldaten erreichte und sie, gefangen in ihren glänzenden Rüstungen aus Metall, bei lebendigem Leibe verbrannte. Bald, das wusste Theos, würden diese Metallrüstungen als rostende Hüllen auf dem Boden zurückbleiben, ein Andenken an seinen Besuch hier. Er hörte nicht auf, bis er alle Soldaten verbrannt hatte und die Garnison als riesigen Feuerkessel zurückließ.

Theos flog weiter nach Norden, nach wie vor nicht imstande sich selbst zu stoppen. Die Landschaft änderte sich wieder und wieder und er verlangsamte auch nicht, als er etwas Interessantes sah: Dort, weit unten, erschien ein massiges Geschöpf, ein Riese, aus einem Tunnel im Boden. Es war eine Kreatur anders als jede andere die Theos jemals gesehen hatte, eine mächtige Kreatur. Dennoch spürte er keine Furcht; im Gegenteil, er spürte Zorn. Er war zornig, weil es sich in seinen Weg stellte.

Das Biest sah hoch und sein groteskes Gesicht verzog sich vor Furcht als Theos tiefer hinabflog. Es drehte sich herum und floh zurück in sein Loch – aber Theos würde es nicht so leicht entkommen lassen. Wenn er sein Kind nicht finden konnte, dann würde er sie alle zerstören, egal ob Mann oder Biest. Und er würde nicht aufhören, bis alles und alle in Escalon vernichtet wären.




KAPITEL ZWEI


Vesuvius stand in dem Tunnel und sah nach oben auf die Wellen des Sonnenlichtes, die sich über ihn ergossen. Es war das Sonnenlicht Escalons und er aalte sich in dem süßesten Gefühl seines Lebens. Dieses Loch dort oben, diese Sonnenstrahlen, die auf ihn hinabschienen, stellten den größten vorstellbaren Sieg dar: Die Fertigstellung des Tunnels, den er sich sein ganzes Leben vorgestellt hatte. Viele hatten gesagt, dass es nicht möglich wäre diesen Tunnel zu bauen, und Vesuvius wusste, dass er erreicht hatte, was sein Vater und seine Mutter vor ihm nicht geschafft hatten: Für die ganze Nation Mardas einen Weg zu erschaffen um in Escalon eindringen zu können.

Staub wirbelte im Licht und es hing noch Schutt in der Luft, dort wo der Riese ein Loch durch die Wand geschlagen hatte und als Vesuvius nach oben starrte, wurde ihm klar, dass dieses Loch über ihm sein Schicksal bedeutete. Seine ganze Nation würde ihm auf den Fersen folgen; bald wäre ganz Escalon Sein. Er grinste breit, sich bereits die Vergewaltigung und die Folterung und die Zerstörung vorstellend, die auf ihn warteten. Es würde ein Blutfest werden. Er würde eine Nation aus Sklaven schaffen und die Nation von Marda würde sich verdoppeln – und so auch ihre Landesfläche.

„VOLK VON MARDA, MARSCH!“, schrie er laut.

Lautes Geschrei kam hinter ihm auf, als die Hunderten von Trollen, die im Tunnel eingepfercht waren ihre Hellebarden hochrissen und begannen ihm zu folgen. Er führte sie, führte sie den Tunnel herauf, auf den Felsen und dem Geröll hin und her rutschend, als er sich den Weg Richtung Ausgang, Richtung Eroberung, bahnte. Mit Escalon in Sichtweite, zitterte er vor Aufregung. Der Boden unter ihm bebte, die Erschütterung kam vom Brüllen des Riesen oben. Auch das Biest, so schien es, war sichtlich froh frei zu sein. Vesuvius stellte sich den Schaden vor, den der Riese dort oben erzeugen würde,  wenn er seiner Tobsucht freien Lauf lassen und das Umland terrorisieren konnte – sein Lächeln wurde noch breiter. Das Biest würde seinen Spaß haben und wenn Vesuvius begann sich zu langweilen, würde er es umbringen. Aber bis dahin war es ein nützliches Instrument für seine Zerstörung des Schreckens.

Vesuvius schaute nach oben und blinzelte verwirrt, als er sah, dass sich der Himmel plötzlich verdunkelte und eine große Hitzewelle spürbar näher kam. Er war völlig verdutzt als er eine Wolke aus Flammen hinabkommen sah, die auf einmal die Landschaft bedeckte. Er verstand nicht was geschah als ihn die schreckliche Hitzewelle erreichte und ihm das Gesicht verbrannte, dann ertönte das Brüllen des Riesen – gefolgt von einem ungeheuren Schrei der Qual.  Der Riese stampfte auf, offenbar verletzt und Vesuvius musste voller Schrecken mitansehen, dass er sich unerklärlicherweise wieder umdrehte. Mit seinem halb verbrannten Gesicht rannte der Riese zurück zum Tunnel, unter die Erde – und direkt in seine Richtung.

Vesuvius starrte um sich, konnte allerdings den Albtraum, der sich vor ihm ausbreitete, nicht begreifen. Warum wГјrde der Riese umdrehen? Wo kam die Hitze her? Was hatte sein Gesicht verbrannt?

Dann nahm Vesuvius das Flattern von Flügeln und einen Schrei, der sogar noch entsetzlicher als der des Riesen war, wahr – und dann wusste er es. Es lief ihm ein Schauer über den Rücken, als er realisierte, dass über ihm, etwas noch Schrecklicheres als der Riese vorbeiflog. Es war etwas, von dem Vesuvius nie geglaubt hätte, dass er es in seiner Lebenszeit sehen würde: Ein Drache.

Vesuvius stand dort, zum ersten Mal in seinem Leben vor Angst wie erstarrt, auch seine gesamte Troll-Armee  stand ohne Regung hinter ihm –  sie alle waren gefangen. Das Undenkbare war geschehen: Der Riese lief vor Angst vor etwas weg, dass sogar noch größer als er selbst war.  Verbrannt, voller Qual und Panik stieg er seine riesigen Fäuste schwingend den Tunnel wieder hinab, mit seinen bösartigen Klauen dreinschlagend, musste Vesuvius voller Schrecken zuschauen, wie seine Trolle um ihn herum zerquetscht wurden. Was auch immer auf seinem wutentbrannten Weg lag, wurde von seinen Füßen zerquetscht, von seinen Klauen zerteilt oder von seinen Fäusten zerschmettert.

Und dann, bevor er ihm aus dem Weg gehen konnte, fГјhlte Vesuvius seine eigenen Rippen knacken, als derВ  Riese ihn nach oben schaufelte und ihn in die Luft warf.

Sich in der Luft befindend und sich wieder und wieder überschlagend, drehte sich die Welt um ihn herum – und das nächste was er spürte war, wie sein Kopf gegen Stein stieß. Ein schrecklicher Schmerz durchfuhr seinen Körper als er gegen eine Steinwand prallte. Als er auf den Boden hinabstürzte, verlor er das Bewusstsein und das Letzte was er sah war der Riese, der alles zerstörte, seine ganzen Pläne zunichtemachte, alles wofür er gearbeitet hatte, und dann realisierte er, dass er hier sterben würde, weit unten unter der Erde, nur wenige Zentimeter von dem Traum entfernt, dem er so nah gewesen war.




KAPITEL DREI


Duncan fühlte die Luft an sich vorbeiströmen, als er bei Sonnenuntergang am Seil die majestätischen Gipfel von Kos hinabglitt. Er hielt sich gut an dem Strick und an seinem lieben Leben fest, als er schneller als er es jemals für möglich gehalten hatte, das Seil hinabrutschte.

Um ihn herum glitten auch all die anderen Männer hinab– Anvin und Arthfael, Seavig, Kavos, Bramthos und Tausende andere. Duncans, Seavigs und Kavos Männer hatten sich zu einer Armee vereint. Sie alle glitten gemeinsam das Eis in Reihen hinunter, eine gut disziplinierte Armee übereinander hinwegspringend, um so schnell wie möglich den langersehnten Boden zu erreichen, ohne vorher entdeckt zu werden.

Immer wenn Duncans Füße das Eis berührten, stoß er sich direkt wieder ab, immer weiter hinabgleitend und nur die dicken Handschuhe, die Kavos ihm geschenkt hatte, schützten seine Hände davor zerfetzt zu werden.

Duncan staunte, wie schnell sich seine Armee bewegte, alle stürzten sich in fast freiem Fall die Klippe hinunter. Als er oben auf Kos stand, hatte er keine Idee gehabt, wie Kavos es schaffen wollte, eine Armee in dieser Größe so schnell und ohne Verluste den Berg hinunterzubringen; er hatte nicht gewusst, dass sie über ein so großes Repertoire an Seilen und Eispickeln verfügten, die sie so sanft den Berg hinunterbringen würden.  Diese Männer waren fürs Eis gemacht und dieses blitzschnelle Abseilen war wie eine normale Wanderung für sie. Er verstand nun endlich was sie damit meinten, als sie sagten, dass nicht die Männer von Kos hier oben gefangen waren– sondern die Pandesier, diejenigen waren, die unten eingekesselt waren.

Kavos landete mit beiden Füßen auf einem breiten und ausgedehnten Plateau, welches aus dem Berg hervorstand und blieb auf einmal abrupt Stehen. Auch Duncan stoppte neben ihm, die anderen Männer taten es ihm gleich und alle legten eine kurze Pause auf der Hälfte des Berges ein. Kavos ging zum Rand des Plateaus und Duncan folgte ihm, über die Klippe lehnend sah er die vielen Seile unter ihnen baumeln, und durch den Nebel und die letzten Strahlen der Sonne hindurch konnte Duncan sehen wie sich am Fuß des Berges eine pandesische Garnison mit Tausenden von Soldaten ausdehnte.

Duncan sah zu Kavos hinüber und Kavos schaute zurück. Es lag Freude in seinen Augen. Es war eine Begeisterung, die Duncan bereits viele Male im Leben gesehen hatte: Die Ekstase eines wahren Krieges der in den Krieg zog. Es war das, wofür Männer wie Kavos lebten. Duncan musste zugeben, dass auch er selbst es spürte, dieses Kribbeln in den Venen und die Enge in der Magengegend. Beim Anblick dieser Pandesier freute auch er sich, so wie sein Nebenmann, auf die Aufregung des kommenden Kampfes.

„Du hättest überall hinuntergehen können“, sagte Duncan die Landschaft unter ihnen betrachtend. „Der Großteil ist nicht bevölkert. Wir hätten die Konfrontation vermeiden und direkt in die Hauptstadt ziehen können. Dennoch hast du den Ort ausgesucht, wo die Pandesier am stärksten sind.“

Kavos lächelte breit.

„Ja, das habe ich”, antwortete er. „Kavos Männer vermeiden die Konfrontation nicht – wir suchen sie.“ Und er grinste noch weiter. „Außerdem“, fügte er hinzu, „ein früher Kampf wird uns für den Marsch zur Hauptstadt aufwärmen. Und ich möchte, dass die Pandesier beim nächsten Mal zweimal darüber nachdenken, wenn sie sich dafür entscheiden den Fuß unseres Berges zu umzingeln.“

Kavos drehte sich um und nickte seinem Kommandanten, Brahmtos, zu. Brahmtos versammelte alle Männer und folgte Kavos und alle zusammen machten sich an die Arbeit einen riesigen Eisbrocken an die Ecke der Klippe zu schieben. Alle zusammen, wie ein einziger Mann, lehnten sie ihre Schultern dagegen.

Duncan erkannte, was sie taten und nickte Anvin und Arthfael zu, die auch ihre Männer versammelten. Und auch Seavig und seine Männer kamen zur Hilfe und wie eine einzige Kraft, schoben sie gemeinsam.

Duncan grub seine FГјГџe in das Eis und drГјckte, angestrengt unter dem Gewicht, auf dem Eis rutschend, drГјckte er mit aller Kraft, so fest er konnte. Alle Г¤chzten und langsam fing der massive Eisbrocken an zu rollen.

„Ein Willkommens-Geschenk?“ fragte Duncan lächelnd und grunzend neben Kavos.

Kavos grinste zurГјck.

„Nur ein kleines Etwas um unsere Ankunft zu verkünden.“

Einen kurzen Moment später fühlte er Erleichterung als der Stein nachgab, er hörte das Eis krachen und schaute ehrfürchtig zu, als der Brocken über den Rand des Plateaus rollte. Er trat schnell mit den anderen zurück, als der Felsbrocken mit Vollgeschwindigkeit, immer schneller rollend über die Eiswand geschleudert wurde, und weiter an Geschwindigkeit gewann. Der riesige Eisbrocken hatte einen Durchmesser von neun Metern und stürzte gerade, wie ein Engel des Todes, auf die pandesische Festung hinab. Duncan bereitete sich auf die Explosion vor, all diese Soldaten da unten waren unwissende, wartende Ziele.

Der Eisbrocken schlug in der Mitte der Steinfestung ein und der Aufprall war stärker als alles, was Duncan bisher in seinem Leben gehört hatte. Es war, als ob ein Komet in Escalon eingeschlagen wäre, das Echo des Donners war so laut, dass er sich die Ohren zuhalten musste, der Boden bebte unter ihm und ließ ihn straucheln. Eine riesige Staub- und Eiswolke erhob sich mehrere Meter hoch und die Luft wurde sogar hier oben von den erschrockenen Schreien der Männer erfüllt. Die Hälfte der Garnison war durch den Aufprall zerstört worden und der Eisbrocken rollte weiter, zerquetschte Männer, planierte Häuser und hinterließ eine Spur der Zerstörung und des Chaos.

„MÄNNER VON KOS!” rief Kavos. „Wer hat es gewagt sich unserem Berg anzunähern?

Es ertönte ein lautes Rufen, als sich seine tausend Krieger auf einmal nach vorne bewegten und über den Rand der Klippe sprangen, Kavos folgend, ergriffen sie alle die Seile und seilten sich so schnell ab, so dass sie praktisch im freien Fall den Berg hinunter fielen. Duncan folgte mit seinen Männern, auch sie sprangen alle, die Seile ergreifend und ließen sich so schnell herab, dass er kaum atmen konnte; er war davon überzeugt sich den Hals bei diesem Stoß zu brechen.

Sekunden später landete er hart am Fuß des Berges, hunderte von Metern weiter unten, in einer riesigen Wolke aus Eis und Staub, das Grollen hallte immer noch von dem rollenden Felsbrocken nach. Alle Männer drehten sich um, stellten sich vor die Festung und ließen ein riesiges Kampf Geschrei ertönen als sie ihre Schwerter zogen und sich kopfüber in das Chaos des pandesischen Lagers stürzten.

Die immer noch von der Explosion benommenen pandesischen Soldaten, sahen mit geschockten Gesichtern auf die Armee, die sich formierte; damit hatten sie definitiv nicht gerechnet. Betäubt, ohne Schutz und mit ihren, vom Brocken zerquetschten, toten Kommandanten, vor ihnen liegend, erschienen sie zu verwirrt um auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können. Als Duncan und Kavos und ihre Männer sich ihnen annäherten, drehten sich einige um und liefen weg. Andere versuchten ihre Schwerter zu ziehen, doch Duncan und seine Männer fielen wie Heuschrecken über sie her und erstachen sie, bevor sie auch nur eine Chance hatten zu zustechen.

Duncan und seine Männer stürzten durch das Lager, niemals zögerten sie, denn sie wussten das Zeit die Essenz des ganzen Angriffs war und so schlugen sie die sich erholenden Soldaten auf jeder Seite nieder, der Spur der Zerstörung, die vom Felsbrocken zurückgelassen wurde, folgend. Duncan schlug in jede Richtung, er stach einem Soldaten in die Brust, einem anderen schmetterte er den Griff seines Schwertes ins Gesicht, einen weiteren trat er um, und sofort duckte er sich und stoß mit seiner Schulter gegen den Nächsten als dieser seinen Kopf mit einer Axt einschlagen wollte. Duncan hielt nicht inne, er schlug jeden nieder, der sich in seinen Weg stellte, schwer atmend, wusste er, dass die anderen immer noch in der Überzahl waren und dass er so viele so schnell wie möglich töten musste.

Neben ihm schlossen sich Anvin, Arthfael und seine Männer an, jeder von ihnen deckte den Rücken des anderen, jeder von ihnen kämpfte sich vorwärts und stieß und verteidigte in jede Richtung während das Kriegsgeräusch die Garnison erfüllte. In diesem unübersichtlichen Kampf verwickelt, wusste Duncan, dass es schlauer gewesen wäre die Kraft seiner Männer zu sparen und diese Konfrontation zu vermeiden und direkt nach Andros zu ziehen. Aber er wusste auch das es Ehre war, die die Männer von Kos zwang diesen Kampf zu kämpfen und er verstand wie sie fühlten; die klügste Vorgehensweise war nicht immer die, die die Herzen der Männer bewegte.

Sie bewegten sich mit Geschwindigkeit und Disziplin durch das Lager, die Pandesier waren so verwirrt, dass sie kaum in der Lage waren eine organisierte Verteidigung aufzubauen. Jedes Mal wenn ein Kommandant auftauchte oder sich eine Formation bildete, zerschlugen Duncan und seine Männer diese.

Duncan und seine Männer rauschten wie ein Sturm durch die Garnison und nachdem gerade erst eine Stunde vergangen war, stand Duncan endlich dort am Ende des Forts in jede Richtung blickend, realisierend, blutüberströmt, dass niemand mehr zum Töten da war. Er stand dort, schwer atmend, als die Dämmerung einfiel und der Nebel über die Berge zog. Alles war unheimlich still.

Die Garnison war ihre.

Als die Männer sich dessen bewusst wurden, stießen sie einen spontanen Freudenruf aus, und Duncan stand dort, Anvin, Arthfael, Seavig, Kavos und Bramthos kamen zu ihm rüber, wischten das Blut von seiner Klinge und seiner Rüstung und nahmen alles um sich herum auf.  Er nahm eine Wunde auf Kavos Arm wahr, Blut sickerte durch.

„Du bist verwundet“,  er zeigte auf Kavos, der es nicht zu merken schien. Kavos schaute nach unten und zuckte mit den Schultern. Dann lächelte er.

„Ein Schönheitskratzer“, antwortete er.

Duncan betrachtete das Schlachtfeld, so viele tote Männer, die meisten waren Pandesier, aber es waren auch einige seiner Männer. Dann schaute er nach oben, auf die eisigen Berge von Kos, die über ihnen aufragten und in den Wolken verschwanden, verblüfft darüber wie hoch sie geklettert waren und wie schnell sie hinuntergekommen waren. Es war ein Blitzangriff gewesen – wie der Tod, der vom Himmel regnet – und es hatte funktioniert. Die pandesische Garnison, die Stunden zuvor noch so unverwundbar erschien, war nun ihre, nichts als eine besiegte Ruine, mit all ihren Männern in Blutlachen, tot in der Abenddämmerung liegend. Es war surreal. Die Krieger von Kos verschonten niemanden, hatten keine Gnade walten lassen und waren eine unaufhaltsame Kraft gewesen. Duncan fühlte neuerlangten Respekt für sie. Sie würden entscheidende Partner bei der Befreiung Escalons sein.

Kavos ebenfalls schwer atmend, betrachtete die Leichen.

„Das ist es, was ich einen Ausstiegsplan nenne”, antwortete er.

Duncan sah ihn grinsen als er die feindlichen Körper betrachtete und ihre Männer den Tod von ihren Waffen abstreiften. Duncan nickte.

„Und ein guter Ausgang war es“, antwortete er.

Duncan drehte sich um und schaute nach Westen, vorbei an der Garnison, in Richtung der untergehenden Sonne und eine Bewegung verfing sich in seinem Auge. Er blinzelte und sah etwas, dass sein Herz mit Wärme erfüllte, einen Anblick, den er irgendwie erwartet hatte zu sehen. Dort, am Horizont stand sein Schlachtross. Es stand stolz vor seiner Herde, mit hunderten von Schlachtrössern hinter sich. Es hatte wie immer gespürt, wo Duncan war und hier stand es, treu auf ihn wartend. Duncans Herz machte einen Sprung, wissend das sein alter Freund seine Armee das letzte Stück des Weges bis in die Hauptstadt bringen würde.

Duncan pfiff und als er dies tat, drehte sich sein Pferd um und lief in seine Richtung. Die anderen Pferde folgten, es ertönte ein lautes Dröhnen in der Dämmerung, als die Herde durch die schneebedeckte Ebene galoppierte und zu ihnen liefen.

Kavos nickte bewundernd neben ihm.

„Pferde”, bemerkte Kavos, ihr Näherkommen beobachtend. „Ich wäre nach Andros gelaufen.“

Duncan grinste.

„Ich bin sicher, das wärst du, mein Freund.“

Duncan trat nach vorne als sich sein Pferd ihm näherte und streichelte die Mähne seines alten Freundes. Er bestieg ihn und als er dies tat, stiegen all seine Männer mit ihm auf, Tausende von ihnen, eine berittene Armee. Sie saßen dort, voll bewaffnet und starrten in die Dämmerung, nichts vor ihnen als schneebedeckte Ebenen, die in die Hauptstadt führten.

Ein Sturm der Aufregung durchfuhr ihn als er spГјrte dass sie an der Schwelle standen. Er konnte es fГјhlen, konnte den Sieg in der Luft riechen. Kavos hatte sie den Berg hinuntergebracht; jetzt war er dran.

Duncan erhob sein Schwert und fühlte die Augen all seiner Männer, aller Armeen, auf ihn gerichtet.

„MÄNNER!“, rief er. „Nach Andros!“

Sie alle ließen einen lautes Kampfgebrüll ertönen und folgten ihm in die Nacht, über das verschneite Flachland, darauf vorbereitet nicht anzuhalten bis sie die Hauptstadt erreicht und den größten Kampf ihres Lebens gefochten hatten.




KAPITEL VIER


Kyra sah nach oben in die einbrechende Morgendämmerung und sah einen Schatten über sich, eine Silhouette die vor der aufsteigenden Sonne stand, ein Mann der nur ihr Onkel sein konnte. Sie blinzelte in Ungläubigkeit als er in ihr Blickfeld eintrat. Hier war nun endlich der Mann, für den sie durch ganz Escalon gereist war, der Mann, der ihr Schicksal preisgeben würde, der Mann, der sie ausbilden würde. Hier war er nun, der Bruder ihrer Mutter, die einzige Verbindung, die es zur Mutter, die sie nie kennengelernt hatte, gab.

Ihr Herz schlug vor Erwartung schneller als er aus dem Licht heraustrat und sie sein Gesicht sehen konnte.

Kyra war erstaunt: Er sah ihr verblüffend ähnlich. Sie hatte noch nie jemanden getroffen, der Ähnlichkeit mit ihr hatte – nicht mal ihr Vater, so sehr sie es auch hoffte. Sie hatte sich immer wie eine Fremde in dieser Welt gefühlt, von einer wirklichen Abstammung isoliert – aber nun, als sie das Gesicht dieses Mannes, seine hoch gemeißelten Wangenknochen und seine grauen blitzenden Augen sah, einen Mann der hoch und aufrecht stand, mit breiten Schultern, muskulös, in eine glänzende, goldene Ketten –Rüstung gekleidet, mit hellbraunem Haar, das bis zu seinem Kiefer hinabfiel, der unrasiert und vielleicht in seinen Vierzigern war, realisierte sie schnell, dass er etwas Besonders war. Und das machte sie daher auch zu etwas Besonderem. Sie konnte es zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich spüren. Das erste Mal fühlte sie sich mit jemandem verbunden, mit einer mächtigen Blutlinie, mit etwas, dass größer als sie selbst war. Sie spürte ein Zugehörigkeitsgefühl in dieser Welt.

Dieser Mann war augenscheinlich anders. Er war offensichtlich ein Krieger, stolz und edel, dennoch trug er keine Schwerter, Schilder oder Waffen anderer Art. Zu ihrer Verwunderung und Freude trug er nur ein einziges Teil: einen goldenen Stab. Einen Stab. Er war genau wie sie.

„Kyra”, sagte er.

Seine Stimme tönte durch sie hindurch, eine Stimme so vertraut, so ähnlich ihrer. Als sie ihn sprechen hörte, spürte sie nicht nur eine Verbindung zu ihm, sondern noch viel aufregender, eine Verbindung zu ihrer Mutter. Hier stand der Bruder ihrer Mutter. Hier war der Mann, der wusste wer ihre Mutter war. Endlich, würde sie die Wahrheit erfahren – es würde keine Geheimnisse mehr in ihrem Leben geben. Schon bald würde sie alles über die Frau wissen, die sie immer kennenlernen wollte.

Er senkte seine Hand und sie reichte nach oben und nahm sie, ihre Beine waren von der langen Nacht des Sitzens vor dem Turm ganz steif. Es war eine starke Hand, muskulös, aber dennoch überraschend sanft und er half ihr auf die Beine. Leo und Andor gingen zu ihm und Kyra war überrascht, dass sie nicht wie üblich anfingen zu knurren. Stattdessen gingen sie näher zu ihm und leckten seine Hand, als ob sie ihn schon immer kennen würden.

Dann zu Kyras Verwunderung, stellten sich Leo und Andor aufmerksam neben ihm, als ob er es ihnen still befohlen hätte. Kyra hatte so etwas noch nie gesehen. Welche Kräfte hatte dieser Mann?

Kyra brauchte nicht zu fragen, ob er ihr Onkel war – sie fühlte es mit jedem Gramm ihres Köpers. Er war mächtig, stolz, alles, was sie sich erhofft hatte. Da war noch etwas anderes in ihm. Etwas, dass sie noch nicht ganz erfassen konnte. Es war eine mystische Energie, die ihn umgab, eine Aura aus Ruhe, die aber dennoch Stärke ausstrahlte.

„Onkel“, sagte sie. Sie mochte es, wie sich das Wort anhörte. Den Klang des Wortes.

„Du kannst mich Kolva nennen”, antwortete er.

Kolva. Irgendwie fГјhlte sich der Name vertraut an.

„Ich durchquerte Escalon um dich zu sehen”, sagte sie, nervös, nicht wissend was sie sonst sagen sollte. Die Morgenruhe schluckte ihre Worte, die unfruchtbaren Ebenen waren erfüllt mit dem entfernten Geräusch des Ozeans. „Mein Vater hat mich geschickt.“

Er lächelte zurück. Es war ein warmes Lächeln, welches die Falten oben in seinem Gesicht bündelte, als hätte er bereits tausend Jahre gelebt.

„Es war nicht dein Vater, der dich schickte“, antwortete er. „Es war etwas viel Mächtigeres.“

Er drehte sich plötzlich ohne Vorwarnung um und begann sich, auf seinen Stab stützend,  vom Turm zu entfernen.

Kyra sah ihn weggehen, und stand wie betäubt, sie verstand nicht; hatte sie ihn beleidigt?

Sie beeilte sich aufzuholen, Leo und Andor waren an ihrer Seite.

„Der Turm“, sagte sie, verwundert. „Gehen wir dort nicht hinein?“

Er lächelte.

„Vielleicht ein anderes Mal”, antwortete er.

„Aber ich dachte, ich müsste den Turm erreichen.“

„Das musstest du”, antwortete er. „Aber du musstest nicht hinein gehen.“

Sie hatte Probleme ihn zu verstehen, er lief schnell und hatte den Waldrand schon fast erreicht und wieder beeilte sie sich aufzuholen. Sein Stab klapperte auf dem Boden und den Blättern, so wie ihrer auch.

„Und wo sollen wir dann üben?“, fragte sie.

„Du wirst üben, da, wo alle großen Krieger ausgebildet wurden”, antwortete er. Er blickte nach vorn. „In den Wäldern jenseits des Turmes.“

Er betrat den Wald und lief so schnell, dass Kyra fast rennen musste, um mit ihm mitzuhalten, obwohl es schien, als ob er langsam ging. Das Geheimnis um ihn vertiefte sich, eine Million Fragen ratterten ihr durch den Verstand.

„Lebt meine Mutter?“ fragte sie schnell, nicht imstande ihre Neugier zu zügeln. „Ist sie hier? Hast du Sie getroffen?“

Der Mann lächelte bloß und schüttelte seinen Kopf, während er weiterlief.

„So viele Fragen”, antwortete er. Er lief eine Zeitlang weiter, der Wald war von den Geräuschen komischer Kreaturen erfüllt und dann fügte er endlich hinzu: „Fragen, dass wirst du sehen, haben wenig Bedeutung hier. Und Antworten sogar noch weniger. Du musst lernen deine eigenen Antworten zu finden. Die Quelle deiner Antworten.  Und noch wichtiger – du musst die Quelle deiner Fragen finden.“

Kyra wurde immer verwirrter während sie durch den Wald wanderten, an diesem mystischen Ort schien das Grün der Bäume um sie herum zu leuchten. Bald verlor sie den Turm aus den Augen und das Krachen der Wellen wurde leiser. Sie kämpfte um mitzuhalten als der Weg sich in verschiedene Richtungen schlängelte. Viele Fragen brannten ihr auf der Seele und schließlich konnte sie nicht mehr still sein.

„Wo bringst du mich hin?“ fragte sie. „Wirst du mich dort ausbilden?“

Der Mann lief weiter, hüpfte über einen fließenden Bach, er lief zwischen alten Bäumen hin und her, deren Rinde in einem leuchtenden Grün erstrahlte und sie folgte ihm auf den Fersen.

„Ich werde dich nicht ausbilden”, sagte er. „Dein Onkel wird das tun.“

Kyra war völlig verwirrt.

„Mein Onkel?” fragte sie. „Ich dachte du wärst mein Onkel.”

„Bin ich auch”, antwortete er. „Und du hast noch einen.“

„Noch einen?“ fragte sie.

SchlieГџlich erreichten sie eine Waldlichtung, und er blieb am Rand stehen und sie kam atemlos neben ihm zum Stehen. Sie schaute nach vorne und war sprachlos bei dem Anblick.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung war ein riesengroßer Baum, der Größte, den sie jemals gesehen hatte, alt, seine Äste erstreckten sich in alle Richtungen, seine purpurroten Blätter schimmerten und sein Stamm war um die neun Meter breit. Die Äste waren ineinander verflochten und kreuzten sich untereinander und schufen so ein kleines Baumhaus, welches vielleicht drei Meter über dem Boden hing und so aussah als ob es dort schon immer gehangen hatte. Ein kleines Licht drang nach draußen auf die Äste. Kyra schaute nach oben und sah eine einsame Gestalt am Rand der Äste sitzen, die aussah als ob sie sich in einem Meditationszustand befand und sie von oben anstarrte.

„Er ist auch dein Onkel.“ sagte Kolva.

Kyras Herz hämmerte in ihrer Brust, nichts von all dem verstehend. Sie sah nach oben zu dem Mann, vom dem er sagte er sei ihr Onkel und fragte sich, ob er ihr einen Streich spielte. Ihr anderer Onkel sah aus wie ein kleiner Junge, der vielleicht zehn Jahre alt war. Er saß komplett aufrecht, wie in Meditationshaltung und starrte vor sich hin ohne sie direkt anzugucken, seine Augen schimmerten blau. Sein jungenhaftes Gesicht war voller Falten, so als ob er tausend Jahre alt wäre, seine Haut war leicht braun und übersät mit Altersflecken. Er konnte nicht viel größer als 1,20 Meter sein. Es war als ob er ein Junge mit einer Alterskrankheit wäre.

Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte.

„Kyra”, sagte er, „das ist Alva.“




KAPITEL FГњNF


Merk trat in den Turm von Ur ein und ging durch die hohen, goldenen TГјren, die er, wie er geglaubt hatte, nie durchschreiten wГјrde. Das Licht schien so hell innen, dass es ihn fast blind machte. Er hob eine Hand um seine Augen abzuschirmen und als er dies tat, erstarrte er in Ehrfurcht vor dem was er vor sich sah.

Dort, auf der anderen Seite stand ihm ein echter Wächter gegenüber, seine gelben Augen musterten ihn durchdringend, es waren dieselben Augen, die Merk schon hinter dem Türschlitz verfolgt hatten. Er trug eine gelbe, wehende Robe, seine Arme und Beine wurden verdeckt und die wenige Haut, die er zeigte, war blass. Er war überraschend klein, sein Kiefer länglich, seine Wangen eingefallen und als er zurückstarrte fühlte sich Merk unwohl. Licht erstrahlte aus dem kurzen, goldenen Stab, den er vor sich hielt.

Der Wächter beobachtete ihn schweigend und Merk fühlte einen Luftzug als die Türen auf einmal zuschlugen und ihn im Turm einschlossen. Das Echo des hohlen Klanges schallte von  den Wänden wieder und er zuckte unfreiwillig zusammen. Er merkte wie abgespannt er von all den Tagen, die er nicht geschlafen hatte, von all diesen Albtraum geplagten Nächten und von seiner Besessenheit in den Turm zu kommen, war. Jetzt drinnen stehend, hatte er das seltsame Gefühl der Zugehörigkeit, als ob er endlich in seinem neuen Zuhause angekommen wäre.

Merk erwartete, dass der Wächter ihn begrüßen und ihm erklären würde wo er sich befand. Aber stattdessen, drehte sich dieser um und ging wortlos davon und ließ Merk fragend zurück. Er wusste nicht, ob er ihm folgen sollte.

Der Wächter lief zu einer elfenbeinernen Wendeltreppe ganz am Ende des Saales und zu Merks Überraschung, ging er diese nicht hinauf, sondern hinab. Er stieg schnell hinab und verschwand außer Sichtweite. Merk stand dort perplex in der Stille und wusste nicht, was von ihm erwartet wurde.

„Sollte ich Ihnen folgen?“ rief er endlich.

Merks Stimme schallte und hallte von den Wänden wieder zu ihm zurück, als ob sie ihn verspottete.

Merk sah sich um und betrachtete das Innere des Turmes. Er sah die glänzenden Wände, die aus Gold gemacht waren; er sah den Boden, der aus altem schwarzem Marmor und von Goldstreifen durchzogen war. Der Ort war schwach beleuchtet, und wurde nur erhellt durch den mystischen Schein, welcher von den Wänden kam. Er sah nach oben und sah die alte aus Elfenbein geschnitzte Treppe; er trat nach vorne und seinen Hals reckend, konnte er ganz oben eine goldene Kuppel, die mindestens dreißig Meter hoch war und Sonnenlicht einließ, erblicken. Er sah all die Stockwerke, Treppenabsätze und Etagen und er fragte sich, was dort oben alles verborgen lag.

Er schaute nach unten und wurde sogar noch neugieriger, als er sah, dass die Stufen nach unten, weiter in unterirdische Etagen führten, dorthin wo der Wächter gegangen war und er wunderte sich darüber. Diese wunderschöne, elfenbeinerne Treppe, wie ein Kunstwerk, drehte und wand sich geheimnisvoll in beide Richtungen, einmal führte sie nach oben bis in den Himmel und dann bis zu den untersten Ebenen der Hölle. Aber am meisten fragte sich Merk, ob das legendäre Flammenschwert, das Schwert, dass ganz Escalon beschützte, in diesen Wänden verborgen lag. Er spürte Aufregung, als er nur daran dachte. Wo könnte es wohl sein? Oben oder unten? Welche anderen Relikte und Schätze waren hier noch verborgen?

Plötzlich öffnete sich eine versteckte Tür, die aus der Wand neben Merk erschien, er drehte sich um und sah einen ernst dreinschauenden Krieger auftauchen, ein Mann der ungefähr Merks Größe hatte und ein Kettenhemd trug, seine Haut war blass, von zu vielen Jahren ohne Sonnenlicht. Er kam auf Merk zu, er war ein Mensch, ein Schwert an seiner Hüfte mit einem markanten Abzeichen, dasselbe Symbol, welches Merk draußen auf den Wänden des Turmes gesehen hatte; ein elfenbeinernes Treppenhaus, welches in den Himmel führte.

„Nur Wächter gehen hinunter“, sagte der Mann, seine Stimme war dunkel und rau. „Und du, mein Freund, bist kein Wächter. Zumindest, bis jetzt noch nicht.“

Der Mann stoppte vor ihm und musterte ihn von oben bis unten und legte seine Hände in die Hüften.

„Aber“, sprach er weiter, „Ich nehme an, wenn sie dich hereinlassen, dann muss das einen Grund haben.“

Er seufzte.

„Folge mir.“

Damit drehte sich der Krieger abrupt um und stieg die Treppe hinauf. Merks Herz schlug schnell als er sich beeilte aufzuholen, sein Kopf voller Fragen, und mit jedem Schritt tauchte er immer weiter in die Geheimnisse dieses Ortes ein.

„Mach deine Arbeit und mach sie gut”, sprach der Mann, mit dem Rücken zu Merk gewandt, seine dunkle Stimme echote von den Wänden, „und du wirst die Erlaubnis bekommen zu dienen. Den Turm zu beschützen ist die höchste Berufung, die es in Escalon gibt. Du musst mehr sein als ein bloßer Krieger.“

Sie blieben auf dem nächsten Stockwerk stehen und der Mann hielt an und starrte Merk in die Augen, also ob er eine tiefe Wahrheit in ihm spürte. Merk fühlte sich unwohl.

„Wir alle haben dunkle Vergangenheiten”, sagte der Mann. „Das ist es, was uns hierher gebracht hat. Aber welcher Vorteil liegt in deiner Vergangenheit? Bist du bereit wiedergeboren zu werden?”

Er pausierte und Merk stand dort und versuchte seine Worte zu begreifen, unsicher, wie er darauf antworten sollte.

„Respekt ist hier schwer zu gewinnen.“, fuhr er fort. „ Wir sind, jeder von uns, das Beste was Escalon zu bieten hat. Verdiene ihn dir und eines Tages wirst du vielleicht in die Bruderschaft aufgenommen. Falls nicht, wirst du gebeten zu gehen. Vergiss nicht: Diese Türen, die dich hereingelassen haben, können dich genauso schnell wieder rauslassen.“

Merks Herz stach bei dem Gedanken.

„Wie kann ich dienen?“ fragte Merk und glaubte seine Berufung, nach der er sich immer gesehnt hatte, zu spüren.

Der Krieger stand dort für eine lange Zeit, dann drehte er sich schließlich um und begann die nächste Etage hinaufzusteigen. Als Merk ihn gehen sah, dämmerte ihm, dass es viele Geheimnisse gab, die er vielleicht nie erfahren würde.

Merk wollte ihm folgen, doch plötzlich, schlug ihm eine große, kräftige Hand gegen die Brust und stoppte ihn. Er sah einen anderen Krieger aus einer anderen geheimen Tür auftauchen, der erste Krieger lief weiter nach oben und verschwand in den oberen Stockwerken. Der neue Krieger überragte Merk und trug das gleiche goldene Kettenhemd.

„Du wirst auf diesem Stockwerk dienen“, sagte er schroff,  „mit dem Rest von denen. Ich bin dein Kommandant. Vicor.“

Sein neuer Kommandant, ein dünner Mann mit einem Gesicht so hart wie Stein, sah aus, als ob man sich nicht mit ihm anlegen sollte. Vicor drehte sich um und zeigte auf eine offene Tür in der Wand und Merk trat vorsichtig ein, sich fragend was dieser Ort war als er kreuz und quer durch enge Steinhallen ging. Sie liefen wortlos an großen offenen Gewölbebögen vorbei und die Halle öffnete sich zu einem ausgedehnten Raum mit spitz zulaufenden Decke mit Steinböden und Steinwänden, der von Tageslicht erleuchtet wurde, welches durch die schmalen zugespitzten Fenster hereinfiel.

Merk erschrak als er Dutzende Gesichter sah, die ihn alle anstarrten, Gesichter von Kriegern, einige dünn, einige muskulös, alle mit harten, unerschrockenen Augen, alle mit einem Ausdruck von Pflichtgefühl und von Erfüllung in ihrem Gesicht.

Sie alle waren im Raum verteilt, jeder war vor einem Fenster stationiert und auch sie trugen alle das goldene Kettenhemd und drehten sich herum, um den Fremden der ihren Raum betrat zu beobachten.

Merk fühlte sich selbstbewusst und starrte zurück zu diesen Männern in dieser seltsamen Stille.

Neben ihm räusperte sich Vicor.

„Die Brüder vertrauen dir nicht”, sagte er zu Merk. „Sie werden dir vielleicht niemals vertrauen. Und du wirst ihnen vielleicht auch nie trauen. Respekt wird hier nicht verschenkt und es gibt keine zweite Chance.“

„Was ist es, das ich tun soll?“ fragte Merk, verwirrt.

„Dasselbe wie diese Männer”, antwortete Vicor schroff. „Du wirst beobachten.“

Merk blickte sich in dem gebogenen Steinraum um und ganz am Ende, um die fünfzehn Meter entfernt, sah er ein offenes Fenster an dem kein Wächter saß. Vicor lief langsam in diese Richtung und Merk folgte ihm, an den Kriegern vorbeigehend, die alle zuschauten und sich dann wieder zu ihren Fenstern umdrehten. Es war ein merkwürdiges Gefühl zwischen diesen Männern, aber dennoch kein Teil von ihnen zu sein. Noch nicht. Merk hatte immer alleine gekämpft und er wusste nicht wie es war Teil einer Gruppe zu sein.

Als er an ihnen vorbeilief und sie in Augenschein genommen hatte, fühlte er, dass auch sie, sowie er, gebrochene Männer waren, die nirgends woanders hinkonnten und keinen anderen Lebenszweck hatten. Männer, die sich diesen Steinturm zu ihrem Zuhause gemacht hatten. Männer wie er.

Als er sich seinem Platz näherte, bemerkte Merk, dass der letzte Mann an dem er vorbei gegangen war, anders aussah als die anderen. Er schien noch ein Junge zu sein, möglicherweise achtzehn Jahre alt und mit der glattesten und schönsten Haut die Merk jemals gesehen hatte. Und mit langem, feinem blondem Haar, dass ihm bis zur Hüfte reichte. Er war dünner als die anderen, mit wenigen Muskeln und er sah aus, als ob er noch nie gekämpft hatte. Dennoch besaß er einen stolzen Blick und Merk war überrascht als er feststellte, dass dieser mit den gleichen, stechend gelben Augen, wie der Wächter, zurückstarrte. Der Junge sah zu gebrechlich aus um hier zu sein, zu sanft – aber dennoch im gleichen Moment machte etwas in seinem Anblick Merk nervös.

„Unterschätze Kyle nicht”, sagte Vicor herüberschauend, als Kyle sich wieder zu seinem Fenster rumdrehte. „Er ist der Stärkste von uns und der einzige wirkliche Wächter hier. Sie haben ihn geschickt um uns zu beschützen.“

Merk fand das schwer vorstellbar.

Merk erreichte seinen Posten und setzte sich neben das hohe Fenster und schaute hinaus. Es gab eine Steinleiste auf die er sich setzen konnte und er lehnte sich nach vorne und schaute durch das Fenster. Ihm bot sich ein ausgedehnter Blick Гјber die Landschaft dar.

Er sah die karge Halbinsel von Ur, die Baumgipfel des entfernten Waldes und dahinter den Ozean und den Himmel. Es fГјhlte sich an, als ob er ganzВ  Escalon von hier sehen konnte.

„Ist das alles?“ fragte Merk überrascht. „Ich sitze nur hier und passe auf?“

Vicor grinste.

„Deine Aufgaben haben noch nicht mal angefangen.

Merk runzelte enttäuscht die Stirn.

„Ich bin nicht den ganzen Weg gekommen, um in einem Turm zu sitzen”, sagte Merk und einige der anderen betrachteten ihn.

„Wie kann ich von hier oben aus verteidigen? Kann ich nicht am Boden patrouillieren?“

Vicor lächelte zynisch.

„Du siehst hier oben viel mehr als du von unten könntest“, antwortete er.

„Und was mache ich wenn ich etwas sehe?“ fragte Merk.

„Dann läutest du die Glocke”, sagte er.

Er nickte und Merk sah eine Glocke, die neben dem Fenster hing.

„Über die Jahrhunderte hinweg hat es viele Angriffe auf unseren Turm gegeben”, fuhr Vicor fort. „Alle scheiterten – dank uns. Wir sind die Wächter, die letzte Verteidigungslinie. Ganz Escalon braucht uns – und es gibt viele Möglichkeiten einen Turm zu verteidigen.“

Merk beobachtete wie Vicor davonging und als er sich an seinem Posten einfand,В  begann er sich still zu fragen: Worauf hatte er sich da eingelassen?




KAPITEL SECHS


Duncan führte seine Männer durch die monderleuchtete Nacht über die verschneiten Ebenen von Escalon. Stunde um Stunde verging während sie nach Andros, das irgendwo dort am Horizont lag, ritten. Der Nachtritt brachte Erinnerungen zurück, von vergangenen Kämpfen, von seiner Zeit in Andros als er noch dem alten König diente; er verlor sich in seinen Gedanken, Erinnerungen der Gegenwart vermischten sich mit Fantasien der Zukunft, bis er nicht mehr wusste was real war. Und wie üblich schweiften seine Gedanken zu seiner Tochter.

Kyra. Wo bist du? fragte er sich.

Duncan betete, dass sie sicher war, dass sie in ihrem Training Fortschritte erzielte und dass sie bald endgültig wiedervereint wären. Würde sie Theos wieder herbeirufen können? fragte er sich. Falls nicht, wusste er nicht wie sie den Krieg gewinnen konnten, den sie angefangen hatte.

Das unaufhörliche Klappern der Pferde und der Rüstungen erfüllte die Nacht. Duncan spürte die Kälte kaum, sein Herz wurde von Wärme erfüllt, von ihrem Sieg, von ihrem Aufschwung, von der wachsenden Armee, die hinter ihm stand und von Erwartung. Endlich, nach all diesen Jahren, spürte er, dass die Flut endlich wieder mit ihm anstieg.

Er wusste dass Andros schwer von einer feststationierten, professionellen Armee bewacht sein würde, dass diese ihnen in beträchtlichem Ausmaß zahlenmäßig überlegen sein würden, dass die Hauptstadt verschanzt wurde und das sie nicht über genügend Männer verfügten um eine Belagerung zu inszenieren. Er wusste, dass der Kampf seines Lebens auf ihn wartete, ein Kampf, der das Schicksal von ganz Escalon bestimmen würde. Dies war das Gewicht der Ehre.

Duncan wusste aber auch, dass er und seine Männer Vorteile auf ihrer Seite hatten, sie hatten den Wunsch, die Pflicht, die Leidenschaft und am wichtigsten von allem, hatten sie Geschwindigkeit und die Macht der Überraschung auf ihrer Seite. Die Pandesier würden niemals einen Angriff auf die Hauptstadt erwarten, schon gar nicht von bezwungenen Männern und zweifellos nicht bei Nacht.

Endlich, als die ersten Spuren der Morgendämmerung zu sehen waren, am Himmel lag noch ein bläulicher Dunst, sah Duncan noch weit entfernt die vertrauten Umrisse der Hauptstadt. Es war ein Anblick, von dem er nicht geglaubt hatte ihn zu Lebzeiten nochmals zu erblicken – und doch war es einer der sein Herz schneller schlagen ließ. Erinnerungen kamen zurück, von all den Jahren, die er dort gelebt und dem Land und dem König treu gedient hatte. Er erinnerte sich an Escalon als es am Höhepunkt seines Ruhmes stand, eine stolze, freie Nation, die unbesiegbar erschienen war.

Dennoch brachte der Anblick auch bittere Erinnerung zurück: der Verrat des schwachen Königs an seinem Volk, die Übergabe der Hauptstadt und des Landes. Er erinnerte sich, wie er und die ganzen Kriegsherren gezwungen wurden in Schande zu gehen, wie sie alle ins Exil, in ihre eigenen Festungen, die überall über Escalon verstreut lagen, verbannt wurden. Der Anblick der majestätischen Formen der Stadt ließ ihn gleichzeitig Sehnsucht, Nostalgie, Angst und Hoffnung spüren. Das waren die Umrisse, die sein Leben geformt hatten, der Umriss der prachtvollsten Stadt in Escalon, jahrhundertelang von Königen regiert, die sich so weit vor ihm ausbreitete, dass schwer zu sehen war wo sie endete.

Duncan atmete tief ein als er die vertrauten Brüstungen, Kuppeln und Spitzen sah, die alle tief verwurzelt in seiner Seele lagen. Irgendwie war es, als ob er nach Hause kommen würde – nur das Duncan nicht mehr der besiegte, loyale Kommandant von einst war. Jetzt war er stärker und gewillt niemandem zu gehorchen und er hatte eine Armee im Schlepptau.

In der anbrechenden Morgendämmerung wurde die Stadt noch durch Fackeln erleuchtet, die Restposten der Nachtwache begannen gerade die lange Nacht im Morgennebel abzuschütteln und als Duncan näher kam, sah er etwas, dass sein Herz aufwühlte: Die blauen und gelben Fahnen Pandesias flatterten stolz über den Zinnen von Andros. Es machte ihn krank – und es überrollte ihn zugleich eine neue Welle der Entschlossenheit.

Duncan überprüfte sofort die Stadttore und sein Herz machte einen Sprung, als er sah, dass sie nur von wenigen Männern bewacht wurden. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Wenn die Pandesier wüssten, dass sie kämen, dann ständen dort tausende von Soldaten  – und Duncan und seine Männer hätten keine Chance. Aber das zeigte ihm, dass sie nicht Bescheid wussten. Die tausend dort stationierten pandesischen Soldaten mussten wohl noch schlafen. Duncan und seine Männer waren glücklicherweise schnell genug vorwärts gekommen um gerade so eine Chance zu haben.

Dieser Überraschungsmoment wusste Duncan, war ihr einziger Vorteil, das Einzige was ihnen eine Chance verschaffte, die riesige Hauptstadt einzunehmen, die aus verschiedenen Ebenen von Festungsmauern bestand und konstruiert war um einer Armee zu widerstehen. Das – und Duncans Kenntnisse der Befestigungen und der Schwachstellen. Kämpfe, die er kannte, waren auch schon mit weniger gewonnen worden. Duncan besah sich den Stadteingang und wusste wo er zuerst angreifen musste, wenn sie Siegeschancen haben wollten.

„Derjenige, der diese Tore kontrolliert, kontrolliert auch die Hauptstadt!“, schrie er Kavos und seinen anderen Kommandanten zu. „Sie dürfen sie nicht schließen, wir dürfen nicht zulassen, dass sie sie schließen, egal was es kostet. Wenn sie es schaffen, dann sind wir endgültig abgeriegelt. Ich werde eine kleine Einheit mit mir nehmen und mit größter Geschwindigkeit die Tore in Angriff nehmen. Ihr”, sagte er, Richtung Kavos, Bramthos und Seavig gestikulierend „führt die restlichen Männer zu den Befestigungen und schützt die Flanken, wenn die Soldaten auftauchen.“

Kavos schГјttelte mit dem Kopf.

„Diese Tore mit einer so kleinen Einheit anzugreifen, ist leichtsinnig”, schrie er. „Du wirst umzingelt werden und ich werde bei den Befestigungen kämpfen und kann dir nicht den Rücken decken. Das ist Selbstmord.“

Duncan lächelte.

„Und darum habe ich diese Aufgabe für mich ausgesucht.“

Duncan gab seinem Pferd die Sporen und ritt vor den anderen in Richtung der Stadttore hinaus. Anvin, Arthfael und ein Dutzend seiner nahestehenden Kommandanten, Männer, die Andros so gut kannten wie er, Männer mit denen er sein ganzes Leben gekämpft hatte, wusste er, würden ihm hinterherreiten. Sie drehten sich um und rasten mit voller Geschwindigkeit in Richtung der Stadttore, während hinter ihnen, wie Duncan aus dem Augenwinkel sehen konnte, Kavos, Bramthos und Seavig ihre Armeen wendeten und sich auf den Weg zu den pandesischen Befestigungen machten.

Duncans Herz klopfte, er wusste, er musste die Tore erreichen, bevor es zu spät war, er senkte seinen Kopf und trieb sein Pferd weiter an. Sie galoppierten hinunter bis zur Mitte der Straße, über die Königsbrücke, die Hufe klapperten auf dem Holz und Duncan fühlte den Nervenkitzel des näherrückenden Kampfes. Als die Dämmerung hereinbrach, sah Duncan das erschrockene Gesicht des ersten Pandesiers, der sie erblickte. Es war ein junger Soldat, der verschlafen Wache auf der Brücke gestanden hatte und blinzelnd hochschaute sein Gesicht vor Angst verziehend.

Duncan schloss die LГјcke, erreichte ihn, ergriff sein Schwert und in einer schnellen Bewegung erschlug er ihn, bevor dieser sein Schild erheben konnte.

Der Kampf hatte begonnen.

Anvin, Arthfael und die anderen schleuderten Speere und fällten ein halbes Dutzend pandesischer Soldaten nieder, die sich ihnen in den Weg stellten. Sie alle galoppierten weiter, keiner blieb stehen, da sie alle wussten, dass dies ihr Leben bedeutete. Sie rasten über die Brücke, alle in Richtung der weit geöffneten Tore von Andros.

Immer noch gute hundert Meter entfernt, blickte Duncan an den legendären Toren von Andros hinauf, sie waren dreißig Meter hoch, aus Gold geschmiedet und drei Meter dick. Und er wusste, wenn sie geschlossen wurden, dann wäre die Stadt verriegelt und uneinnehmbar. Es bräuchte professionelles Besetzungsmaterial, das er nicht besaß, und viele Monate und viele Männer die das Tor bearbeiteten, die er auch nicht besaß.

Diese Tore hatten nie versagt, trotz Jahrhunderte voll von Angriffen. Wenn er sie nicht rechtzeitig erreichte, wäre alles verloren.

Duncan überblickte das bloße Dutzend pandesischer Soldaten, die es bewachten, das Licht schützte sie, es war Sonnenaufgang und die Männer waren noch verschlafen und erwarteten keinen Angriff, aber er trieb sein Pferd noch weiter an, er wusste seine Zeit war begrenzt. Er musste sie erreichen, bevor sie ihn entdeckten; er brauchte nur noch eine Minute um sein Überleben zu sichern.

Doch plötzlich, ertönte ein großes Horn und Duncans Herz setzte einen Moment aus, als er oben auf der Brüstung einen pandesischen Wachtmann sah, der ihn anstarrte, und wieder und wieder einen Warnruf in sein Horn stieß. Der Ton hallte innerhalb der Stadtmauern wieder und Duncans Herz sank noch tiefer, denn er wusste dass jeglicher Vorteil den sie gehabt hatten, verloren war. Er hatte den Feind unterschätzt.

Die pandesischen Soldaten am Tor brachen in Bewegung aus. Sie stürzten vorwärts und setzten ihre Schulter am Tor an, sechs Männer auf jeder Seite und drückten mit aller Macht um es zu schließen.

Zur selben Zeit, drehten vier Soldaten massive Kurbeln auf beiden Seiten, während vier Weitere die Ketten hochzogen, jeweils zwei Soldaten auf einer Seite. Mit einem lauten Quietschen schlossen sich langsam die Tore. Duncan sah dies voller Verzweiflung und hatte das Gefühl als ob sein Herz in einen Sarg einschlossen wäre.

„SCHNELLER!“ drängte er sein Pferd.

Sie alle legten in einem abschließenden wütenden Schlag an Geschwindigkeit zu. Während sie sich näherten, schleuderten einige seiner Männer mit verzweifeltem Bemühen Speere auf die Männer am Tor – aber sie waren noch zu weit entfernt und die Speere fielen zu früh hinunter.

Duncan trieb sein Pferd wie nie zuvor an, leichtsinnig den anderen vorausreitend und als er sich den Toren näherte, merkte er plötzlich wie etwas an ihm vorbeisauste.

Er realisierte, dass es ein Speer war und als er nach oben schaute, sah er, dass die Soldaten von der Brüstung aus Speere hinunterwarfen. Duncan hörte einen Schrei und schaute nach hinten und sah wie einer seiner Männer, ein tapferer Krieger, der mit ihm seit Jahren zusammenkämpfte, aufgespießt wurde und tot vom Pferd flog.

Duncan zwang sein Pferd noch weiter voran und lieГџ alle Vorsicht auГџer Acht als er auf die sich schlieГџenden TГјren zuraste. Er war noch etwa zwanzig Meter und die TГјren etwa noch dreiГџig Zentimeter davon entfernt, sich fГјr immer zu schlieГџen. Egal was passierte, selbst wenn es seinen eigenen Tod bedeutete, das konnte er nicht geschehen lassen.

In einem letzten selbstmordähnlichen Angriff, warf sich Duncan selbst von seinem Pferd und stürzte sich auf den offenen Spalt gerade als sich die Tore schlossen. Er schmiss sich mit seinem Schwert nach vorne, stieß es vorwärts und schaffte es gerade noch es, im letzten offenen Spalt bevor sich die Türen schlossen, zu platzieren. Sein Schwert bog sich – aber es zerbrach nicht. Dieses Stück Stahl, wusste Duncan, war das Einzige, was verhinderte, dass sich die Tore endgültig schlossen, das Einzige was die Hauptstadt offen hielt und das Einzige, was Escalon vor dem endgültigen Verlust bewahrte.

Die geschockten, pandesischen Soldaten schauten verblГјfft auf Duncans Schwert und realisierten, dass sich ihr Tor nicht schloss. Sie sammelten sich und stГјrzten sich auf sein Schwert, aber Duncan, konnte dies nicht zulassen, auch wenn es sein Leben kosten wГјrde.

Noch atemlos vom Fall von seinem Pferd und mit schmerzenden Rippen versuchte Duncan sich, als der erste Soldat sich auf ihn stürzte aus dem Weg zu rollen, aber er konnte sich nicht schnell genug bewegen. Er sah das gezogene Schwert hinter sich und bereitete sich auf den tödlichen Schlag vor – als auf einmal der Soldat aufschrie. Duncan drehte sich verwirrt um und hörte ein Wiehern. Dann sah er, wie sich sein Schlachtross aufrichtete und seinem Feind in die Brust trat, kurz bevor dieser Duncan erstechen konnte. Der Soldat flog zurück, seine Rippen krachten und er landete bewusstlos auf dem Rücken. Duncan sah dankbar zu seinem Pferd auf, realisierend, dass es ihm wieder einmal das Leben gerettet hatte.

Das gab ihm die Zeit, die er brauchte um auf seine Füße zu kommen, sein Ersatzschwert zu ziehen und sich auf die Gruppe Soldaten vorzubereiten, die zu ihm hinunterkam. Der erste Soldat attackierte ihn mit seinem Schwert, aber Duncan parierte es über seinem Kopf, drehte es herum, und schlitzte ihm den Rücken auf. Der Mann ging zu Boden. Duncan trat nach vorne und stach dem nächsten Soldaten in den Magen, bevor dieser ihn erreichen konnten, dann sprang er über seinen fallenden Körper und mit beiden Füssen trat er dem nächsten vor die Brust, dieser landete auf dem Rücken. Er duckte sich als ein weiterer Soldat nach ihm ausholte, drehte sich herum und stach ihm in den Rücken.

Duncan, abgelenkt durch seine Angreifer, drehte sich herum als er eine Bewegung hinter sich wahrnahm. Es war ein weiterer Pandesier, der versuchte sein Schwert zu ergreifen und es mit aller Kraft aus dem Tor zu ziehen. Duncan realisierte, dass ihm keine Zeit blieb, er drehte sich herum, visierte sein Ziel an und warf sein Schwert. Es drehte sich wieder und wieder und landete schließlich in der Kehle des Mannes, kurz bevor er Duncans Schwert herausziehen konnte. Er hatte das Tor gerettet – aber es hatte ihn wehrlos gemacht.

Duncan stürzte sich auf das Tor und hoffte den Spalt vergrößern zu können – aber als er dies versuchte, packte ihn ein Soldat von hinten und zog ihn zu Boden. Mit seinem Rücken entblößt, wusste er, dass er in Gefahr war. Er konnte nicht viel tun, als der Pandesier seinen Speer hob um ihn aufzuspießen.

Ein Schrei erfüllte die Luft, als Duncan aus dem Augenwinkel sah, wie Anvin nach vorne stürzend seine Keule schwang, den Soldaten am Handgelenk traf und diesem damit den Speer aus der Hand stieß, kurz bevor dieser Duncan damit durchbohren konnte. Dann sprang Anvin von seinem Pferd runter und stieß den Mann zu Boden – und zur selben Zeit, kamen auch Arthfael und die anderen an und übernahmen die restlichen Soldaten, die Duncan angreifen wollten.

Befreit, analysierte Duncan die Situation und sah, dass die Soldaten, die das Tor bewachten tot waren, dass das Tor gerade noch von seiner Klinge offengehalten wurde und dass hunderte von pandesischen Soldaten aus den Barracken in die Dämmerung strömten um Kavos, Bramthos, Seavig und ihre Männer anzugreifen. Er wusste, dass die Zeit knapp war. Sogar mit der Unterstützung von Kavos und seinen Männern würden genügend Soldaten durchkommen und sich auf dem Weg zum Tor machen können und wenn Duncan dieses Tor nicht bald kontrollierte, dann wären alle seine Männer erledigt.

Duncan wich einem weiteren Speer aus, der von oben von der Brüstung geworfen wurde. Er stürzte hinüber, nahm sich Pfeil und Bogen von einem gefallenen Soldaten, lehnte sich zurück, visierte sein Ziel an und feuerte auf einen Pandesier, weit oben, der sich mit seinem Speer über die Brüstung lehnte. Der Junge schrie auf und fiel. Er wurde vom Pfeil durchstoßen und hatte offensichtlich nicht damit rechnend. Er plumpste auf die Erde und landete mit einem Krachen neben Duncan, Duncan ging schnell zur Seite um nicht von dem fallenden Körper erschlagen zu werden. Er spürte besondere Genugtuung, als er sah, dass der Junge der Hornbläser war.

„DIE TORE!” schrie Duncan seinen Männern zu, als diese die restlichen Soldaten getötet hatten.

Seine Männer sammelten sich, stiegen hinunter, stürzten zu ihm und halfen ihm die massiven Tore zu öffnen. Sie zogen mit all ihrer Kraft, dennoch bewegte sich das Tor kaum. Weitere Männer kamen hinzu und als sie alle zusammen zogen, begann es sich langsam zu bewegen. Zentimeter für Zentimeter öffnete es sich und schon bald war genug Raum vorhanden, dass Duncan einen Fuß in die Öffnung setzen konnte.

Duncan stemmte seine Schultern in den Spalt und drückte mit aller Macht, ächzend mit zitternden Armen. Trotz der Morgenkälte rann ihm Schweiß das Gesicht hinunter, und als er sich umsah, sah er eine Flut von Soldaten aus der Festung kommen. Die meisten waren mit Kavos, Bramthos und ihren Männern beschäftigt, jedoch strömten noch genügend in ihre Richtung. Ein plötzlicher Schrei fuhr durch die Dämmerung und Duncan sah, wie einer seiner Männer, ein guter Kommandant, ein treuer Mann, zu Boden fiel. Er sah einen Speer in seinem Rücken und sah, dass die Pandesier in Wurfweite waren.

Noch mehr Pandesier erhoben ihre Speere und warfen sie in ihre Richtung und Duncan bereitete sich schon darauf vor, dass sie es nicht rechtzeitig durchs Tor schaffen würden – als plötzlich, zu seiner Überraschung, die Soldaten zu straucheln anfingen und mit dem Gesicht nach unten hinabfielen. Er schaute nach oben und sah Pfeile und Schwerter in ihren Rücken stecken. Er fühlte, wie ihn ein Strom der Dankbarkeit durchströmte, als er sah, dass Bramthos und Seavig hundert Männer von Kavos weggeleitet hatten, um ihm zu helfen.

Duncan verdoppelte nun seine Bemühungen und drückte mit all seiner Macht, als Anvin und Arthfael neben ihm einstiegen, wissend dass sie den Spalt weit genug öffnen mussten, damit seine Männer durchkonnten. Endlich, als noch mehr Männer dazukamen und sie ihre Füße in den verschneiten Boden rammten, konnten sie langsam gehen. Duncan ging Schritt für Schritt, bis sich endlich mit einem Ächzen, die Tore bis zur Hälfte geöffnet hatten.

Es ertönte ein siegreicher Ruf hinter ihnen, Duncan drehte sich um und sah Bramthos und Seavig, die die hundert Männer auf den Pferden nach vorne führten und sich auf das offene Tor stürzten. Duncan suchte sein Schwert, hob es in die Luft und führte seine Männer durch die geöffneten Tore, einen Fuß in die Hauptstadt setzend und alle Vorsicht außer Acht lassend.

Duncan wusste, als nach wie vor Pfeile und Speere auf sie herabregneten, dass er die Brüstung so schnell wie möglich unter Kontrolle bringen musste, denn diese war zusätzlich mit Katapulten bestückt, die seinen Männern unten einen unermesslichen Schaden zufügen konnten. Er sah zu den Zinnen hinauf, um herauszufinden, welches der beste Weg war, um dort hinaufzugelangen, als er plötzlich einen weiteren Schrei hörte. Er schaute nach vorne und sah eine große Legion pandesischer Soldaten auf sich zukommen.

Duncan stellte sich ihnen mutig gegenГјber.

„MÄNNER VON ESCALON, WER BEWOHNT UNSERE KOSTBARE HAUPTSTADT!?“ schrie er.

Seine Männer brüllten und versammelten sich hinter ihm als Duncan sein Pferd bestieg und die Soldaten begrüßte.

Es folgte ein großer Waffenzusammenstoß als Soldat auf Soldat und Pferd auf Pferd traf und Duncan und seine hundert Männer die hundert pandesischen Soldaten angriffen.

Er glaubte, dass diese Männer im Schutz der Dämmerung Blut gerochen hatten, als sie Duncan und seine wenigen Männer am Tor sahen – und sie hatten sicherlich nicht damit gerechnet, dass hinter Duncan eine so große Verstärkung wartete. Er konnte sehen, wie sich ihre Augen weiteten, als sie Bramthos, Seavig und ihre Männer durch die Stadttore reiten sahen. Duncan zog sein Schwert und parierte einen Angriff, stach einem Soldaten in den Magen, drehte sich herum und zertrümmerte einem anderen den Kopf mit seinem Schwert, dann zog er den Speer von seinem Gurt und schleuderte ihn auf einen Nächsten. Er stach sich seinen Weg furchtlos durch die Masse, einen Mann links und einen Mann rechts tötend und alle um ihm herum, Anvin, Arthfael, Bramthos, Seavig und ihre Männer, taten das Gleiche. Es fühlte sich gut an, wieder zurück in der Hauptstadt zu sein, in diesen Straßen, die er so gut kannte – und es fühlte sich noch besser an, sie von den Pandesiern zu befreien.

Bald lagen Dutzende von Pandesiern angehäuft zu ihren Füßen, nicht in der Lage, den Ansturm von Duncan und seinen Männern zu stoppen, die bei Tagesanbruch wie eine Welle durch die Hauptstadt rollten. Für Duncan und seine Männer war zu viel im Spiel und sie waren zu weit gekommen, und diese Männer, die die Straßen bewachten, waren weit weg von zu Hause, demoralisiert, ihre Gründe schwach, ihre Anführer weit weg und außerdem unvorbereitet. Sie hatten bisher noch nie die echten Krieger Escalons im Kampf getroffen. Als sich die Welle erhob, drehten sich die noch verbleibenden Soldaten um und flohen und gaben auf – Duncan und seine Männer ritten schneller, jagten sie und töteten sie mit Speeren und Pfeilen, bis keiner mehr übrig war.

Der Weg durch die Hauptstadt war nun frei, aber als immer noch Speere und Pfeile auf sie herunterhagelten und ein weiterer seiner Männer mit einem Pfeil in der Schulter vom Pferd fiel, richtete Duncan seine Konzentration wieder auf die Brüstung. Sie mussten diese Brüstung und die oberen Stockwerke kontrollieren, nicht nur um die Pfeile zu stoppen, sondern auch um Kavos zu helfen; denn Kavos war immer noch in der Unterzahl dort draußen, außerhalb der Festung und er würde Duncans Hilfe mit den Katapulten von der Brüstung aus brauchen um eine Chance des Überlebens zu haben.

„ZU DEN HÖHEN!“ schrie Duncan.

Duncans Männer jubelten und folgten ihm, er signalisierte ihnen sich aufzuteilen, eine Hälfte folgte ihm, die andere Hälfte folgte Bramthos und Seavig zu der anderen Seite des Hofes um von dort aus aufzusteigen. Duncan rannte zu den Steintreppen, die sich an den seitlichen Wänden abzeichneten und zu den hoch gelegenen Brüstungen führten. Diese wurden von einem Dutzend Soldaten bewacht, die mit großen Augen aufschauten, als sie den kommenden Angriff sahen. Duncan ging auf sie nieder und er und seine Männer schleuderten Speere und töteten sie alle, bevor sie auch nur eine Chance hatten ihre Schilder zu erheben. Sie hatten keine Zeit zu verlieren.

Sie erreichten die Treppen und Duncan stieg vom Pferd, und führte die Gruppe, einem nach dem anderen die Stufen hinauf. Er sah mit einer kleiner Gruppe nach oben und sah, dass pandesische Soldaten mit erhobenen, wurfbereiten Speeren, hinunterliefen, um ihn zu begrüßen; er wusste, dass sie den Vorteil haben würden, wenn sie herunterrennend auf ihn zukamen und da er keine Zeit bei einem Zweikampf während Speere auf ihn herabhagelten verschwenden wollte; dachte er schnell nach.

„PFEILE!“ gab Duncan den Männern hinter sich den Befehl.

Duncan duckte sich auf den Boden und einen Moment später spürte er wie die Pfeile über seinen Kopf hinwegsausten, als seine Männer seinem Befehl folgten, nach vorne traten und feuerten. Duncan schaute nach oben und stellte mit Genugtuung fest, dass die Gruppe von Soldaten, die die enge Steintreppe runtergerannt kamen ins Straucheln geriet und seitwärts die Treppe runterfielen, sie schrien, als sie fielen und  schließlich unten auf dem Steinhof aufschlugen.

Duncan lief weiter die Treppe nach oben, er packte einen Soldaten, während noch mehr Soldaten angriffen und schmiss ihn über den Rand. Er drehte sich herum und schlug auf einen Anderen mit seinem Schwert ein und ließ auch diesen seitlich die Treppe hinunterfliegen, Duncan richtete sich direkt wieder mit seinem Schwert auf und stach einem anderen durch die Wange.

Aber das ließ Duncan verwundbar in dem schmalen Treppenhaus zurück, und ein Pandesier sprang ihn von hinten an und zog ihn zum Rand. Duncan hielt sich an seinem lieben Leben und an der Steinwand fest, war aber nicht in der Lage Halt zu finden und fiel schon fast den Abgrund hinunter – als auf einmal der Mann, der auf ihm war, schwach wurde und tot über seine Schulter über den Rand stürzte. Duncan sah ein Schwert in seinem Rücken stecken und drehte sich um und sah Arthfael, der ihm half wieder auf die Beine zu kommen.

Duncan griff weiter an, dankbar dafür, dass er seine Männer im Rücken hatte und stieg Stockwerk um Stockwerk hinauf, Speeren und Pfeilen ausweichend, einige mit seinem Schild abwehrend, bis er endlich die Brüstung erreichte. Oben angekommen, gelangte er zu einem breiten Steinplateau, welches ungefähr zehn Meter breit und sich über die Stadttore entlang zog und voll von pandesischen Soldaten war, die Schulter an Schulter alle mit Pfeilen, Speeren und Stangen bewaffnet dabei waren, diese auf Kavos Männer unten hinabregnen zu lassen.

Als Duncan mit seinen Männern oben ankam, hörten sie auf Kavos Männer zu bekämpfen und wanden sich ihnen zu. Zur gleichen Zeit erkletterte Seavig mit seiner Gruppe die Stufen auf der anderen Seite des Hofes und fing an die Soldaten von der anderen Seite anzugreifen. Sie kesselten sie ein und es gab keinen Ausweg.

Der Kampf war ein intensiver Mann-gegen-Mann Kampf und die Männer kämpften auf der Brüstung auf allen Seiten um jeden kostbaren Zentimeter. Duncan erhob sein Schwert und sein Schild, Klappern hallte in der Luft wider, der Kampf war blutig, Mann für Mann, schlug er sich durch.

Duncan duckte sich, wich Hieben aus, stemmte seine Schultern in die Männer und schaufelte damit mehr als einen Mann über den Rand, der schreiend weiter unten in den Tod stürzte; er wusste, dass manchmal die besten Waffen die Hände waren.

Er schrie vor Schmerz auf, als er einen Stich in den Magen abbekam, aber glücklicherweise drehte er sich schnell genug herum und wurde nur gestreift. Als der Soldat zum Todesschlag ausholte, hatte Duncan keinen Platz zu manövrieren und gab ihm schließlich einen Kopfstoß und zwang ihn damit sein Schwert fallen zu lassen. Dann stieß er ihm die Knie in den Körper, packte ihn und schmiss ihn über den Abgrund.

Duncan kämpfte und kämpfte, jeder Meter war hart erkämpft. Die Sonne stieg höher  und Schweiß stach in seine Augen. Seine Männer schrien und grunzten vor Schmerz von allen Seiten auf und Duncans Schultern wurden müde vom Töten.

Als er nach Atem rang, voll vom Blut des Gegners, nahm er einen letzten Schritt nach vorne, erhob sein Schwert – und war geschockt, als er Bramthos und Seavig und ihre Männer vor sich sah. Er drehte sich herum und betrachtete all die die toten Körper und realisierte, verblüfft, dass sie es geschafft hatten – sie hatten die Brüstung eingenommen.

Es entstand Siegesschrei als sich all ihre Männer in der Mitte trafen. Dennoch wusste Duncan, dass die Situation immer noch ernst war.

„PFEILE!“ schrie er.

Er schaute direkt nach unten auf Kavos Männer und sah, dass unten ein großer Kampf im Hof gefochten wurde und tausende von pandesischen Soldaten aus der Festung strömten um sie zu treffen. Kavos wurde langsam von allen Seiten umzingelt.

Duncans Männer nahmen die Bögen der Gefallenen auf, zielten über die Mauern und schossen hinunter auf die Pandesier, Duncan schloss sich an. Die Pandesier hatten niemals erwartet von der Hauptstadt aus angegriffen zu werden und so fielen sie zu Dutzenden zu Boden und Kavos Männer wurden von den tödlichen Schwertern verschont. Pandesier begannen überall um Kavos herum zu fallen und schon bald kam eine große Panik auf, als sie realisierten, dass Duncan die Höhen kontrollierte. Eingekesselt zwischen Duncan und Kavos, gab es keine Möglichkeit für sie zu fliehen.

Duncan wГјrde ihnen keine Zeit geben sich neu zu gruppieren.

„SPEERE!“ befahl er.

Duncan nahm sich selbst einen und schleuderte ihn hinunter, dann einen anderen und noch einen, den groГџen Vorrat an Waffen Гјberfallend, der hier oben auf der BrГјstung gelagert und extra konstruiert worden war, um Angreifer von Andros abzuwehren.

Als die Pandesier anfingen zu wanken, wusste Duncan, dass er etwas tun musste um sie endgГјltig zu erledigen.

„KATAPULTE!“ brüllte er.

Seine Männer hetzten zu den Katapulten, die oben auf den Zinnen zurückgelassen worden waren, zogen an den langen Seilen und drehten an den Kurbeln, um sie in Position zu bringen.

Sie legten die Felsbrocken hinein und warteten auf seinen Befehl. Duncan lief die Linie auf und ab und passte die Positionen so an, dass die Felsbrocken Kavos Männer verpassten und das richtige Ziel fanden.

„FEUER!“ rief er aus.

Dutzende Felsbrocken flogen durch die Luft, und Duncan sah mit Zufriedenheit, dass sie beim hinunterfallen die Steinfestung zerstörten und dabei dutzende von Pandesiern, die wie Ameisen ausgeströmt waren, um Kavos Männer zu töten, gleichzeitig zerquetschten. Das Geräusch hallte im Hof wieder, und dies erhöhte die Panik bei den verdutzten Pandesiern. Als Staub und Schmutzwolken hochkamen, drehten sie sich in jede Richtung, nicht sicher in welche Richtung sie kämpfen sollten.

Kavos, Kriegsveteran, der er war, nutzte ihr Zögern aus. Er versammelte seine Männer und ritt mit neuem Elan vorwärts und während die Pandesier wankten, schlug er sich durch ihre Reihen.

Körper fielen links und rechts, das Lager der Pandesier lag im Chaos und schon bald drehten sie sich um und flohen in alle Richtungen. Aber Kavos jagte und tötete jeden Einzelnen. Es war ein Gemetzel.

Als die Sonne komplett aufgegangen war, lagen all Pandesier tot am Boden.

Als die Stille Гјber sie fiel, schaute Duncan verblГјfft auf und wurde mit einem aufsteigenden GefГјhl des Sieges erfГјllt, als ihm bewusst wurde dass sie es geschafft hatten. Sie hatten die Hauptstadt eingenommen.

Als seine Männer um ihn herum zu Schreien anfingen, ihm auf die Schulter klopften, feierten und sich umarmten, wischte sich Duncan den Schweiß von den Augen, immer noch schwer atmend und nahm es langsam in sich auf: Andros war frei.

Die Hauptstadt war ihrs.




KAPITEL SIEBEN


Alec streckte seinen Hals und schaute nach oben, geblendet, als er durch die hochaufragenden, gewölbten Stadttore von Ur ging, von allen Seiten vom Pöbel angerempelt. Er marschierte durch sie hindurch, Marco ging neben ihm, ihre Gesichter waren immer noch bedeckt vom Schmutz ihres endlosen Marsches durch die Dornenebenen, er schaute zum gewölbten dreißig Meter hohen Marmorbogen hinauf. Er betrachtete die alten Granitwände des Tempels links und rechts von ihm und es überraschte ihn, dass er durch einen Teil des Tempels ging, der gleichzeitig als Stadteingang diente. Alec sah viele Gläubige vor den Wänden kniend, es herrschte eine seltsame Mischung mit dem ganzen Gedränge und der hastigen Geschäftigkeit des Handels und  es brache ihm zum Nachdenken.

Er hatte einst zu den Göttern von Escalon gebetet – aber jetzt betete er zu niemandem mehr. Welcher lebende Gott, fragte er sich, würde erlauben, dass seine Familie starb? Dem einzigen Gott, dem er jetzt dienen konnte, war dem Gott der Rache – und es war ein Gott dem er gewillt war von ganzem Herzen zu dienen.

Alec, war überwältigt von der Belebtheit um ihn herum, er sah sofort, dass diese Stadt anders als jeder Ort war, den er gesehen hatte und so anders war als das kleine Dorf in dem er aufwuchs. Das erste Mal, seit dem Tod seiner Familie, hatte er das Gefühl zurück ins Leben geschüttelt zu werden. Dieser Ort war so überraschend, so lebendig, so dass es schwer war hierher zu kommen und nicht abgelenkt zu werden. Er fühlte eine Bestimmung als er realisierte, dass hier im Inneren der Tore andere wie er waren, gleichgesinnte Freunde Marcos, die auf Rache gegen Pandesia aus waren. Er beobachtete verzaubert all diese Menschen mit ihren verschiedenen Trachten, Sitten und Rassen, die in alle Richtung liefen. Es war wirklich eine weltoffene Stadt.

„Halt deinen Kopf unten”, zischte Marco ihm zu, als sie durch das östliche Tor schritten und sich unter den Pöbel mischten.

Marco stieГџ ihn an.

„Dort.“ Marco nickte in Richtung einer Gruppe pandesischer Soldaten. „Sie überprüfen die Gesichter. Ich bin sicher, dass sie nach unseren suchen.“

Alec umfasste reflexiv den Griff seines Dolches fester, aber Marco reichte an ihm vorbei und ergriff sein Handgelenk fest.

„Nicht hier, mein Freund”, warnte Marco. „Dies ist kein Dorf, aber eine Stadt des Krieges. Töte zwei Pandesier am Tor und eine ganze Armee wird folgen.“

Marco starrte ihn mit Intensität an.

„Würdest du lieber zwei töten?“ drängte er. „Oder zweitausend?“

Alec, die Weisheit in den Wörtern seines Freunds realisierend, gab den Griff  seines Dolches frei, all seinen Willen zusammennehmend um seine Rachegelüste unterdrücken zu können.

„Es wird viele Chancen geben, mein Freund“, sagte Marco, als sie sich weiter durch die Massen drängten, die Köpfe gesenkt. „Meine Freunde sind hier und der Widerstand ist stark.“

Sie vermischten sich mit der Menschenmenge, die durch das Tor drängte und Alex senkte seine Augen, so dass die Pandesier sie nicht sehen konnten.

„Hey du!“ bellte ein Pandesier. Alec spürte sein Herz klopfen und hielt seinen Kopf gesenkt.

Sie stГјrzten in seine Richtung und er umgriff den Griff seines Dolches, sich vorbereitend. Aber stattdessen stoppten sie einen Jungen neben ihm und ergriffen grob seine Schulter und ГјberprГјften sein Gesicht.

Alex atmete tief durch, erleichtert, dass es nicht er war und sie marschierten schnell und unentdeckt durchs Tor.

Sie kamen endlich zum Marktplatz und als Alex seine Kapuze zurückzog und nach innen in die Stadt sah, erstarrte er vor Ehrfurcht beim Anblick, der sich ihm bot. Dort, vor ihm erstreckte sich die komplette architektonische Schönheit und hastige Geschäftigkeit Urs. Die Stadt erschien am Leben, pulsierend, in der Sonne scheinend und sie schien wirklich zu funkeln. Am Anfang verstand Alec nicht warum, aber dann wurde es ihm bewusst: Das Wasser. Überall war Wasser, die Stadt war mit Kanälen verflochten, das blaue Wasser funkelte in der Morgensonne und gab der Stadt das Gefühl als ob sie eins mit dem Meer wäre. Die Kanäle waren mit jeder Art von Schiffen gefüllt – mit Ruderbooten, Kanus, Segelschiffe – und sogar mit schwarzen Kriegsschiffen, die unter der blau-gelben Flagge Pandesias segelten. Die Kanäle waren mit kopfsteingepflasterten Straßen gesäumt, alter Stein, glatt eingefasst und betreten von tausenden von Menschen mit jeglicher Art von Garderobe. Alex sah Ritter, Soldaten, Zivilisten, Händler, Landarbeiter, Bettler, Jongleure, Kaufleute, Landwirte und viele andere Leute, sich all vermischend. Viele trugen Farben, die Alec nie gesehen hatte, offensichtlich Besucher von der anderen Seite des Meeres, Besucher, die aus der ganzen Welt kamen und die Ur, Escalons internationalen Hafen besuchten. Und tatsächlich, er sah helle, ausländische Farben und Abzeichen, die von verschiedenen Schiffen im vollgestopften Kanal gefahren wurden, als ob sich die ganze Welt an einem Ort getroffen hätte.

„Die Klippen, die Escalon umgeben, sind so hoch, dass sie unser Land unbezwingbar machen“, erklärte Marco als sie weiterliefen. „Ur hat den einzigen Strand und den einzigen Hafen für große Schiffe die anlegen möchten. Escalon hat andere Häfen, aber keiner ist so leicht zugänglich. Wenn die Menschen uns also besuchen kommen möchten, dann kommen sie alle hierhin”, fügte er hinzu und deutete mit einer Handbewegung auf all die Menschen und all die Schiffe.

„Das ist sowohl gut, als auch schlecht”, sprach er weiter. „Es bringt uns Handel und Tausch von all vier Ecken des Königreichs.“

„Und was ist das Schlechte?“ fragte Alec, als sie sich ihren Weg durch die Massen bahnten und Marcos anhielt um einen Fleischspieß zu kaufen.

„Es lässt Ur anfällig für Seeangriffe werden“, antwortete er. „Es ist ein idealer Ort für Invasionen.“

Alec studierte die Stadtumrisse begeistert und nahm all die Kirchtürme und die endlose Auswahl an hohen Gebäuden wahr. Er hatte so etwas noch nie gesehen.

„Und die Türme?“ fragte er, und schaute an den hochaufragenden, quadratischen Türmen hoch, die oben mit einer Brüstung gekrönt wurden, die über die Stadt aufragten und Richtung Meer schauten.

„Sie wurden gebaut um das Meer zu bewachen”, antworte Marco. „Gegen Angriffe. Obwohl es uns wenig gebracht hat mit der schwachen Übergabe des Königs.“

Alec wunderte sich.

„Und wenn er nicht ausgeliefert hätte?“ fragte Alec „Könnte Ur einen Angriff vom Meer abwehren?“

Marco zuckte mit den Schultern.

„Ich bin kein Kommandant”, sagte er. „Aber ich weiß, dass wir Möglichkeiten haben. Wir könnten Piraten und Räuber zweifellos abwehren. Eine Flotte ist eine andere Geschichte. Aber in seiner tausend Jahren alten Geschichte, ist Ur nie gefallen – und das sagt so einiges.“

Als sie weitergingen hörten sie entferntes Glockenläuten in der Luft, das sich mit dem Geräusch der Seemöwen vermischte, die über ihnen flogen, kreisten und kreischten. Als sie sich durch die Meute drückten, knurrte Alecs Magen als er all die verschiedenen Sorten von Essen in der Luft roch. Seine Augen weiteten sich als sie an einer Reihe von Handelsständen vorbeiliefen, die alle mit Waren überladen waren. Er sah exotische Objekte und Köstlichkeiten, die seine Augen niemals vorher gesehen hatten und er war erstaunt über dieses Weltstadtleben. Alles war schneller hier, jeder war in Eile und die Leute hasteten so schnell vorbei, dass er es kaum aufnehmen konnte wenn sie vorbei liefen. Es ließ ihm bewusst werden aus was für einer Kleinstadt er kam.

Alec starrte einen Verkäufer an, der die größten, roten Früchte verkaufte, die er je gesehen hatte und griff in seine Tasche um eine zu kaufen – als ihn eine Schulter hart von der Seite anrempelte. Er drehte sich herum und sah einen großen, älteren, Mann, der ihn überragte und mit einen schwarzem, schäbigem Bart finster dreinblickte. Er hatte ein ausländisches Gesicht, dass Alec nicht zuordnen konnte und er fluchte in einer Sprache, die er nicht verstand. Der Mann schubste ihn und dies ließ Alec zu seiner Überraschung in einen Verkaufsstand fliegen und ihn auf die Straße fallen.

„Das muss nicht sein”, sagte Marco und trat nach vorne eine Hand ausstreckend um den Mann zu stoppen.

Aber Alec, der normalerweise passiv war, fühlte eine neue Wut in sich hochsteigen. Es war ein unbekanntes Gefühl, dass in ihm seit dem Tod seiner Familie brodelte, eine Wut, die raus musste. Er konnte sich nicht kontrollieren. Er sprang auf seine Füße und stürzte nach vorne und mit einer Stärke, von der er nicht wusste, dass er sie besaß, schlug er dem Mann ins Gesicht, so dass dieser um und in einen anderen Verkaufsstand fiel.

Alex stand dort, überrascht, dass er den viel größeren Mann k.o. geschlagen hatte, während auch Marco mit weit aufgerissenen Augen neben ihm stand.

Unruhe entstand auf dem Marktplatz als die bedepperten Freunde des Mannes hinüberkamen und sich eine Gruppe von pandesischen Soldaten von der anderen Seite des Platzes annäherte. Marco schaute panisch und Alec wusste, dass sie in einer prekären Situation waren.

„Hier lang!“ drängte Marco, ergriff Alec und zog ihn grob mit sich.

Während sich die Dummen annäherten und auch die Pandesier näher kamen, rannten Alec und Marco durch die Straßen, Alec folgte seinem Freund, der sie durch die Stadt brachte, die er so gut kannte, Abkürzungen nahm, sich an Verkaufsständen vorbeischlängelte und scharf in den Gassen abbog. Alec konnte bei dem ganzen scharfen Zick Zack kaum mithalten. Dennoch, als er über seine Schulter schaute, sah er die große Gruppe näher kommen und er wusste dass ihnen ein Kampf bevorstand, den sie mit ihren bloßen Händen nicht gewinnen konnten.

„Hier!“, schrie Marco. Alec sah wie Marco von der Kante in den Kanal sprang und ohne darüber nachzudenken folgte er ihm, erwartend dass er ins Wasser fallen würde.

Er war überrascht als er kein Platschen hörte und sich im Gegenteil auf der Unterseite auf einer kleinen Steinleiste wiederfand, die er von oben nicht sehen gesehen hatte. Marco, schwer atmend, klopfte viermal an eine unbekannte, hölzerne Tür, die in den Stein unter der Straße gehauen war- und eine Sekunde später öffnete sich die Tür und Alex und Marco wurden in die Schwärze hineingezogen und die Tür hinter ihnen wieder zugeschlagen.

Bevor sie zuschlug, sah er die Männer ratlos an der Ecke des Kanals vorbeilaufen, nicht imstande, die Tür unter ihnen zu sehen, die sich gerade schloss.

Alec fand sich im Untergrund, in einem schwarzen, unterirdischen Kanal wieder und er rannte verblüfft, das Wasser spritzte an seinen Knöcheln hoch. Sie liefen kreuz und quer und bogen ab und schon bald sahen sie wieder Sonnenlicht.

Alec sah, dass sie sich in einem riesigen Steinraum befanden, unter den Straßen der Stadt. Sonnenlicht schien durch die Gitterstäbe von oben hinein und er war erstaunt als er sah, dass sie von mehreren jungen Männern in ihrem Alter umgeben waren, deren Gesichter mit Dreck verschmiert waren, ihm aber natürlich und aufgeschlossen zulächelten. Sie alle hielten, schwer atmend an und Marco lächelte und begrüßte seine Freunde.

„Marco”, sagten sie, ihn umarmend.

„Jun, Saro, Bagi”, antwortete Marco.

Sie alle traten nach vorne und er umarmte jeden einzelnen, grinsend, diese Männer waren offenbar wie Brüder für ihn.

Sie waren alle ungefähr in seinem Alter und so groß wie Marco, breitgeschultert, mit starken Gesichtern und dem Aussehen von Jungs, die es geschafft hatten ihr ganzes Leben lang auf der Straße zu überleben. Sie waren Jungen, die offensichtlich für sich selbst sorgen mussten.

Marco zog Alec nach vorne.

„Dies”, sagte er, „ist Alec. Er ist jetzt einer von uns.“

Einer von uns. Alec gefiel wie das klang. Es fühlte sich gut an irgendwo hinzugehören. Sie alle ergriffen seinen Unterarm und einer von ihnen, der Größte,

Bagi, schГјttelte seinen Kopf und grinste.

„Du bist also derjenige, der diese ganze Aufregung verursacht hat?“ fragte er mit einem Lächeln.

Alec lächelte betreten zurück.

„Der Typ hat mich geschubst”, sagte Alec.

Die anderen lachten alle.

„Ein Grund so gut wie jeder andere unser Leben heute zu riskieren“, antwortete Saro ehrlich.

„Du bist jetzt in der Stadt, Landjunge”, sagte Jun streng, nicht lächelnd wie die anderen.

„Du hättest uns alle töten können. Das war dumm. Hier interessiert es die Leute nicht – sie werden dich schubsen – oder noch viel schlimmer. Halt deinen Kopf unten und pass auf wo du hingehst. Wenn dich jemand anstößt, geh weg oder es kann sein, dass du einen Dolch in deinem Rücken findest. Diesmal hattest du Glück. Das ist Ur. Du weißt nie, wer die Straße überquert und die Leute hier töten dich aus irgendeinem Grund – und manche, auch ganz ohne Grund.“

Seine neuen Freunde drehten sich plötzlich um und gingen tiefer in die höhlenartigen Tunnel hinein und Alec beeilte sich aufzuholen und auch Marco schloss sich ihnen an. Sie alle schienen diesen Ort wie ihre Westentasche zu kennen, denn sogar in dem schummrigen Licht, durchkreuzten sie mit Leichtigkeit diese unterirdischen Hallen, von denen das Geräusch von Wasser, das von den Wänden tropfte, wiederhallte. Sie alle waren offenbar hier aufgewachsen. Es gab Alec ein Gefühl von Unzulänglichkeit, in Soli aufgewachsen, ein Kontrast zu diesem Ort, der so weltlich war und diese Jungs, die so clever auf der Straße waren. Sie alle hatten offensichtlich Prüfungen und Entbehrungen erlitten, die sich Alec nicht vorstellen konnte. Sie waren rau, und waren offenkundig in mehr als ein paar Auseinandersetzungen verwickelt gewesen und zusätzlich erschienen sie wie Überlebenskünstler.

Als sie in einigen Gassen abgebogen waren, stiegen die Jungen eine steile Metallleiter hinauf und schon fand sich Alec über dem Boden, in den Straßen, in einem anderen Teil Urs und in eine andere Menschenmasse eintauchend wieder. Alec schaute sich um, und sah einen großen Platz mit einem kupfernen Brunnen in seiner Mitte, er erkannte ihn nicht wieder, er war kaum fähig sich all die Viertel dieser ausgedehnten Stadt zu merken.

Die Jungen blieben vor einem niedrigen, untersetzten, unbekanntem Gebäude aus Stein stehen, welches genauso wie die anderen aussah mit seinem gedeckten Dach aus roten Ziegeln.

Bagi klopfte zweimal und einen Moment später wurde die anonyme, verrostete Tür geöffnet.

Sie alle gingen schnell hinein und die TГјr wurde umgehend hinter ihnen zugeschlagen.

Alec fand sich in einem schummrigen Raum wieder, Tageslicht kam nur durch Fenster von weit oben herein und er drehte sich um als er das Geräusch des Schmiedehammers erkannte, der gegen den Amboss schlug, und inspizierte interessiert den Raum. Er hörte das Zischen der Schmiede und sah die vertrauten Wolken des Dampfes und fühlte sich direkt zu Hause.

Er musste sich nicht weiter umsehen um zu wissen, dass er in einer Schmieder war und dass diese voll von Schmieden war, die Waffen bearbeiteten. Sein Herz schlug schnell vor Aufregung.

Ein großer, dünner Mann mit einem kurzen Bart, möglicherweise in seinen Vierzigern, das Gesicht geschwärzt vom Ruß, kam näher und wischte sich seine Hände an der Schürze ab. Er nickte Marcos Freunden respektvoll zu und sie nickten zurück.

„Fervil”, sagte Marco.

Fervil drehte sich um und als er Marco sah, leuchtete sein Gesicht auf. Er trat vorwärts und umarmte ihn.

„Ich dachte, du wärst zu den Flammen gegangen”, sagte er.

Marco grinste zurГјck.

„Nicht mehr”, antwortete er.

„Sind deine Jungen bereit zu arbeiten?“ fügte er hinzu. Und dann sah er zu Alec rüber.

„Und wen haben wir hier?“

„Meinen Freund”, antwortete Marco. „Alec. Ein guter Schmied, begierig sich unserem Vorhaben anzuschließen.“

„Ist er das?“ fragte Fervil skeptisch.

Er betrachtete Alec mit harten Augen und sah an ihm auf und ab, als ob er unbrauchbar war.

„Ich bezweifle das”, antwortete er, „so, wie der aussieht. Er sieht unglaublich jung aus. Aber wir können ihn zum Schrott sammeln gebrauchen. Nimm das”, sagte er und drückte Alec einen Eimer mit Metallschrott in die Hand. „Ich lasse dich wissen, wenn ich dich brauche.“

Alec errötete, empört. Er wusste nicht warum dieser Mann ihm solch eine Abneigung gegenüberbrachte – vielleicht fühlte er sich bedroht. Er merkte wie die Schmiede ruhig wurde und er sah, dass ihn die anderen Jungen beobachteten. Auf vielerlei Art erinnerte ihn das an seinen Vater und das machte ihn nur noch wütender.

Es brodelte immer noch in ihm und er war nicht länger gewillt, seit dem Tod seiner Familie,  Dinge zu tolerieren, die er vorher toleriert hatte.

Als die anderen sich gerade zum Gehen umdrehten, lieГџ Alec den Metalleimer auf den Boden fallen und es klirrte laut auf dem SteinfuГџboden. Alle drehten sich verblГјfft um und die Schmiede wurde ruhig als die anderen die Konfrontation beobachteten.

„Mach, dass du aus meinem Laden kommst.“, knurrte Fervil.

Alec ignorierte ihn; stattdessen trat er hinter ihn zum nächsten Tisch und hob eine lange Klinge auf, hielt sie vor sich und überprüfte sie.

„Ist das Ihre Handarbeit?“ fragte Alec

„Und wer bist du, dass du dir erlaubst mir Fragen zu stellen?“ verlangte Fervil zu wissen.

„Ist es deine Handarbeit?“ fragte Marco für seinen Freund einstehend.

„Ja, ist es“, antwortete Fervil defensiv.

Alec nickte.

„Es ist Schrott”, stellte er fest.

Ein Keuchen drang durch den Raum.

Fervil stellte sich zu seiner vollen Größe auf und schaute wütend und finster zu ihm.

„Deine Männer können jetzt gehen“, knurrte er, „Ihr alle. Ich habe genügend Schmiede hier.“

Alec behauptete seinen Platz.

„Und es ist nichts wert“, konterte er.

Fervil wurde rot und trat bedrohlich näher und Marco fuhr mit seiner Hand zwischen sie.

„Wir gehen”, sagte Marco.

Alec stellte plötzlich die Spitze der Klinge auf den Boden, hob seinen Fuß hoch – und mit einem sauberen Stoß, zerbrach er sie in zwei Teile.

Scherben flogen Гјberall durch den Raum.

„Sollte ein gutes Schwert das tun?“ fragte Alec mit einem trockenen Lächeln.

Fervil schrie und ging auf Alec los – und als dieser sich ihm näherte, hielt Alec das gezackte Ende der kaputten Klinge hoch und stoppte damit Fervils Angriff.

Die anderen Schmiede sahen die Situation eskalieren, zogen ihre Schwerter und stürzten nach vorne um Fervil zu verteidigen, während Marco und seine Freunde sich hinter Alec versammelten. Alle standen sie sich angespannt gegenüber.

„Was tust du?“ fragte Marco Alec. „Wir sind alle aus dem gleichen Grund hier. Das ist Wahnsinn.“

„Und deswegen kann ich sie nicht mit Schrott kämpfen lassen”, antwortete Alec.

Alec lieГџ das kaputte Schwert fallen und zog langsam ein langes Schwert aus seinem GГјrtel.

„Das ist meine Handarbeit”, sagte Alec laut. „Ich fertigte dies selbst in der Schmiede meines Vaters an. Eine bessere Arbeit wirst du nie finden.“

Alec drehte plötzlich sein Schwert herum, nahm die Klinge und hielt sie Fervil mit dem Griff zuerst entgegen.

In der angespannten Stille, sah Fervil hinunter, zweifelsohne hatte er damit nicht gerechnet. Er griff nach dem Schwert, Alec blieb wehrlos zurück und im ersten Moment schien es als ob er in Erwägung zog Alec damit zu erstechen.

Dennoch stand Alec stolz und furchtlos vor ihm.

Fervils Gesicht entspannte sich langsam, als ihm bewusst wurde, dass Alex sich ihm wehrlos gegenГјberstellte und betrachtete ihn mit mehr Respekt. Es sah nach unten und besah sich das Schwert. Er nahm es in seine Hand, hielt es ins Licht und dann endlich, nach einer langen Zeit, sah er beeindruckt zurГјck zu Alec.

„Deine Arbeit?“ fragte er, mit Ungläubigkeit in seiner Stimme.

Alec nickte.

„Und ich kann noch viele mehr davon schmieden”, antwortete er.

Er trat einen Schritt nach vorne und sah Fervil fest in die Augen.

„Ich will Pandesier umbringen”, sagte Alec. „Und ich will es mit richtigen Waffen tun.“

Eine lange, dicke Stille schwebte über dem Raum, als Fervil endlich langsam mit dem Kopf schüttelte und lächelte.

Er senkte das Schwert, hielt es ausgestreckt und Alec ergriff es. Langsam ließen alle Männer ihre Waffen sinken.

„Ich denke”, sagte Fervil breit grinsend, „wir werden einen Platz für dich finden.“




KAPITEL ACHT


Aidan lief die einsame Waldstraße entlang, er war so weit weg von Allem, war er kannte, wie noch nie in seinem Leben und er fühlte sich völlig alleine auf der Welt. Wenn er nicht seinen Waldhund neben sich gehabt hätte, wäre er gänzlich verzweifelt und hoffnungslos gewesen; aber Fynn gab ihm sogar, so schwer verletzt er auch war Stärke, und Adrian streichelte über sein kurzes, weißes Fell. Beide humpelten, beide verwundet von ihrem Treffen mit diesem wilden Kutschfahrer, jeder Schritt wurde immer schmerzvoller und der Himmel dunkler. Mit jedem gehumpelten Schritt, den er nahm, gelobte er, wenn er diesen Mann jemals wieder sehen sollte, dann würde er ihn eigenhändig umbringen.

Fynn winselte neben ihm und Aidan reichte zu ihm hinüber und streichelte seinen Kopf. Der Hund war fast so groß wie er, eher eine wilde Bestie als ein Hund. Aidan war nicht nur dankbar für seine Begleitung, sondern auch für die Tatsache, dass Fynn ihm das Leben gerettet hatte. Er hatte Fynn damals gerettet, weil etwas in ihm sich nicht umdrehen konnte – und nun hatte er als Belohnung sein Leben zurückbekommen. Er würde es wieder und wieder tun, auch wenn es bedeuten würde hier draußen, im Nichts, ausgesetzt und auf dem sicheren Weg des Verhungerns und des Todes zu sein. Es war es immer noch wert.

Fynn winselte wieder und Aidan teilte seine Hungerqualen mit ihm.

„Ich weiß, Fynn”, sagte Aidan. „Ich bin auch hungrig.“

Aidan schaute hinunter auf Fynns Wunden, aus denen immer noch Blut sickerte, und schГјttelte mit dem Kopf, er fГјhlte sich schrecklich hilflos.

„Ich würde alles tun um dir zu helfen”, sagte Aidan. „Ich wünschte nur, ich wüsste wie.“

Aidan lehnte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf den Kopf, sein Fell war weich und Fynn lehnte seinen Kopf an Aidans. Es war die Umarmung von zwei Wesen, die auf dem Todesmarsch waren. Die Geräusche von wilden Tieren wurden immer lauter und stiegen zu einer Symphonie in dem immer schwärzer werdenden Wald an. Aidan spürte seine Beine brennen und wusste, dass er nicht viel weiter gehen konnte und das sie hier draußen sterben würden. Sie waren immer noch Tage von allem entfernt und wenn die Nacht hereinbrach, waren sie verletzlich. Fynn so kraftvoll wie er war, war nicht in der Lage irgendetwas zu bekämpfen und Aidan, verletzt und ohne Waffe erging es nicht besser. Kein einziger Karren war seit Stunden vorbeigekommen und es würden auch keine, so vermutete er, in den nächsten Tagen, vorbeikommen.

Aidan dachte an seinen Vater, der irgendwo da draußen war und er hatte das Gefühl er hatte ihn enttäuscht. Wenn er schon sterben müsste, dann wünschte Aidan er würde es an der Seite seines Vaters für einen höheren Zweck kämpfend, oder zu Hause in Volis tun. Nicht hier, allein, mitten im Nirgendwo. Jeder Schritt, so schien es, brachte ihm den Tod näher.

Aidan dachte über sein kurzes Leben nach, dachte an die Menschen, die er gekannt und geliebt hatte, an seinen Vater und seine Brüder, aber vor allem an seine Schwester Kyra. Er wunderte sich, wo sie wohl war und ob sie es geschafft hatte Escalon zu durchqueren und ob sie auf ihrer Reise nach Ur überlebt hatte. Er fragte sich, ob sie wohl überhaupt an ihn dachte und ob sie stolz auf ihn wäre, jetzt, wo er versuchte in ihre Fußstapfen zu treten, und Escalon zu durchqueren, auf seine eigene Art, um seinem Vater und der Bestimmung zu helfen. Er fragte sich, ob er jemals ein großer Krieger geworden wäre und es machte ihn tief traurig, dass er sie nie mehr wiedersehen würde.

Aidan merkte wie er mit jedem Schritt hinabsank und es gab nicht viel was er noch tun konnte, außer seinen Wunden und seiner Erschöpfung nachzugeben. Er ging langsamer und langsamer und schaute zu Fynn hinüber, auch er zog seine Beine qualvoll nach. Bald mussten sie sich also hinlegen und hier mitten auf der Straße rasten, egal was kommen würde. Es war eine schreckliche Vorstellung.

Aidan glaubte in Ohnmacht fallen zu müssen, als er dachte er hätte etwas gehört. Er blieb stehen und lauschte und auch Fynn stoppte und sah fragend zu ihm hoch. Aidan hoffte und betete. Bildete er sich Sachen ein? Aber da war es wieder. Er war sich diesmal sicher. Ein Quietschen von Rädern. Von Holz. Von Eisen. Es war ein Karren.

Aidan drehte sich herum, sein Herz setzte einen Schlag aus, während er in das verblassende Licht schielte. Zuerst sah er nichts. Aber dann, kam etwas langsam in sein Blickfeld. Ein Karren. Mehrere Karren..

Sein Herz schlug ihm bis zur Kehle, er hörte das Poltern, hörte die Pferde und sah die Karawane in seine Richtung kommen. Jedoch wurde seine Aufregung durch die Frage gemildert ob diese Karren feindlich sein könnten. Wer sollte sonst auf dieser langen, kargen Straße, so weit weg von allem reisen? Er konnte nicht kämpfen und auch in Fynn, der halbherzig knurrte, war nicht mehr viel Kampf übrig. Sie waren der Gnade von wem auch immer ausgeliefert. Es war ein furchteinflößender Gedanke.

Das Geräusch wurde ohrenbetäubend, während sich die Karren näherten, und Aidan, der mutig in der Mitte der Straße stand, realisierte, dass er sich nicht verstecken konnte. Er musste an sein Glück glauben. Er dachte, er würde Musik hören als sie näherkamen und das verstärkte seine Neugierde. Sie gewannen an Geschwindigkeit und für einen Moment fragte er sich, ob sie ihn umfahren würden.

Dann plötzlich verlangsamte die gesamte Karawane und blieb vor ihm stehen, da er die Straße blockierte. Sie starrten auf ihn herunter, der Staub fiel auf sie alle hinab, es war eine große Gruppe, die aus etwa fünfzig Leuten bestand und Aidan blinzelte überrascht auf als er sah, dass es keine Soldaten waren.

Sie schienen auch nicht feindlich zu sein, realisierte er mit einem Seufzer der Erleichterung. Er stellte fest, dass die Wagen mit aller Art von Leuten gefüllt waren, mit Männern und Frauen aller Altersgruppen. Einer schien voll mit Musikern zu sein, die verschiedene musikalische Instrumente hielten; ein Anderer war voll von Männern, die aussahen wie Jongleure oder Komödianten, ihre Gesichter waren mit grellen Farben bemalt und sie trugen gefärbte Strumpfhosen und Kittel; ein anderer Wagen schien voll von Schauspielern zu sein, Männer hielten Schriftrollen in den Händen offensichtlich ihre Skripte übend und in dramatische Kostüme gekleidet; während wiederum ein Anderer mit Frauen gefüllt war, die spärlich bekleidet und deren Gesichtern mit zu viel Make-up bedeckt waren.

Aidan errötete und schaute weg, denn er wusste er, war zu jung, um solche Dinge anzustarren.

„Du, Junge!“ rief eine Stimme aus. Es war ein Mann mit einem sehr langen hellroten Bart, der ihm bis zu seiner Taille ging, ein eigenartig ausschauender Mann mit einem freundlichen Lächeln.

„Ist das deine Straße?“ fragte er im Scherz.

Gelächter drang von allen Karren hinunter und Aidan errötete.

„Wer sind Sie?“, frage Aidan verblüfft.

„Ich glaube die bessere Frage ist“, gab er zurück, „wer bist du?“ Sie schauten angstvoll auf Fynn hinunter, der anfing zu knurren. „Und was um Himmels willen machst du mit einem Waldhund? Weißt du nicht, dass die dich töten?“ fragten sie mit Angst in ihren Stimmen.

„Dieser nicht”, antwortete Aidan. „Seid ihr alle Unterhaltungskünstler?“, fragte er, immer noch neugierig, was sie hier draußen alle taten.

„Ein netter Ausdruck!”, schrie jemand vom Karren hinunter, es folgte raues Gelächter.

„Wir sind Schauspieler und Spieler und Jongleure und Glücksspieler und Musiker und Clowns!“ rief ein Weiterer,

„Und Lügner, Schurken und Dirnen!“ rief eine Frau aus und alle lachten wieder.

Jemand zupfte eine Harfe, als das Gelächter anstieg und Aidan war verblüfft. Eine Erinnerung kam in ihm hoch als er einmal solche Leute getroffen hatte, als er noch jünger war und in Andros lebte. Er erinnerte sich daran, dass all die Unterhaltungskünstler in die Hauptstadt strömten, um den König zu unterhalten; er erinnert sich an die gefärbten Gesichter; ihre Jongliermesser; an einen Mann, der Fell aß; an eine Frau die Lieder sang; und einen Dichter, der Gedichte aus dem Gedächtnis zitierte, was Stunden zu dauern schien. Er erinnerte sich noch, dass er verwirrt war, warum sich jemand einen solchen Lebensweg aussuchen sollte und nicht den eines Kriegers.

Seine Augen leuchteten auf, als er plötzlich verstand.

„Andros!“, rief er aus. „Ihr fahrt nach Andros!“

Ein Mann sprang von einem der Karren hinunter und kam in seine Richtung. Es war ein großer Mann, vielleicht in seinen Vierzigern  mit einem großen Bauch und einem ungekämmten, braunen Bart, mit zotteligem Haar und einem warmen und freundlichen Lächeln. Er kam zu Aidan rüber und legte ihm väterlich den Arm um die Schulter.

„Du bist noch zu jung, um hier draußen zu sein”, sagte der Mann. „Ich würde sagen, dass du verloren bist – aber deiner Wunden und denen deines Hundes nach zu urteilen, nehme ich an, dass es etwas mehr als das ist. Es scheint als ob du dich selbst in Schwierigkeiten gebracht hast und dass du zu tief hineingeraten bist – und ich nehme an”, schloss er, Fynn vorsichtig beobachtend, „dass es etwas damit zu tun hatte, dass du dieser Bestie geholfen hast.“

Aidan blieb still, nicht wissend wie viel er sagen konnte, während Fynn rüberkam und zu Aidans Überraschung die Hand des Mannes ableckte.

„Motley, so nenne ich mich”, fügte der Mann hinzu und streckte seine Hand aus.

Aidan schaute vorsichtig zurГјck, er schГјttelte die Hand nicht, aber er nickte zurГјck.

„Aidan ist mein Name”, sagte er.

„Ihr zwei könnt hier bleiben und verhungern”, sprach Motley weiter, „aber das ist keine sehr lustige Form zu sterben. Ich persönlich würde zuerst eine gute Mahlzeit haben wollen und dann auf eine andere Weise sterben.“

Die Gruppe brach in Gelächter aus, während Motley weiterhin seine Hand ausstreckte und Aidan voller Freundlichkeit und Mitleid ansah.

„Ich nehme an, ihr zwei, verwundet wie ihr seid, könntet eine Hand gebrauchen”, fügte er hinzu.

Aidan stand dort stolz und wollte keine Schwäche zeigen, so wie es ihn sein Vater gelehrt hatte.

„Uns ging es gut hier“, sagte Aidan.

Motley leitet die Gruppe in ein weiteres Gelächter ein.

„Natürlich ging es euch das”, antwortete er.

Aidan schaute misstrauisch auf die Hand des Mannes.

„Ich gehe nach Andros”, sagte Aidan.

Motley lächelte.

„Das tun wir auch”, antwortete er, „Und wie es das Glück wollte, ist die Stadt groß genug um noch mehr Menschen als nur uns aufzunehmen.“

Aidan zögerte.

„Du würdest uns einen Gefallen tun”, fügte Motley hinzu. „Wir können das extra Gewicht gebrauchen.“

„und das Extramaul zum Füttern!” rief ein Narr von einem anderen Wagen zum Vergnügen der Anderen aus.

Aidan schaute vorsichtig zurück, zu stolz um das Angebot anzunehmen, aber er fand eine Möglichkeit sein Gesicht zu wahren.

„Nun…“, sagte Aidan. „Wenn ich euch damit einen Gefallen tue…“

Aidan nahm Motleys Hand und wurde in den Wagen gezogen. Er war stärker als Aidan erwartet hatte, wenn man seine Kleider berücksichtigte, denn er war wie ein Hofnarr gekleidet; seine Hand war fleischig warm und zweimal so groß wie Aidans.

Motley griff hinüber, nahm Fynn und legte ihn sanft auf die Rückseite des Wagens, neben Aidan. Fynn rollte sich neben Aidan im Heu zusammen, seinen Kopf auf den Beinen, vor Erschöpfung und Schmerz die Augen halb geschlossen. Aidan verstand dieses Gefühl nur zu gut.

Motley sprang in den Karren, der Fahrer knallte mit der Peitsche und die Karawane zog weiter, alle jubelten und es wurde wieder Musik gespielt. Es war ein lustiges Lied, die Männer und Frauen zupften die Harfen, spielten auf Flöten und Zimbeln und einige Leute fingen, zu Aidans Überraschung, an in dem wackelnden Karren zu tanzen.

Aidan hatte nie zuvor eine solch glГјckliche Gruppe von Menschen in seinem Leben gesehen. Sein ganzes Leben hatte er im TrГјbsinn und in der Ruhe eines Forts voll von Kriegern verbracht und er war sich nicht sicher, was er von all dem halten sollte. Wie konnte jemand so glГјcklich sein? Sein Vater hatte ihm immer beigebracht, dass das Leben eine ernste Sache war. War dies alles nicht unbedeutend?

Während sie weiter über die holperige Straße fuhren, winselte Fynn vor Schmerz und Aidan strich über seinen Kopf. Motley kam herüber und zu Aidans Überraschung, kniete er an der Seite des Hundes nieder und legte eine Kompresse mit grüner Salbe an dessen Wunden an. Langsam beruhigte sich Fynn und Aidan war dankbar für seine Hilfe.

„Wer sind Sie?“ fragte Aidan.

„Nun, ich habe schon viele Namen gehabt”, antwortete Motley. „Das Beste war “Schauspieler“. Dann gab es “Gauner“, “Dummkopf“, “Spaßvogel“… die Liste geht noch weiter.  Nenn mich wie du willst.“

„Dann sind Sie kein Krieger“,  stellte Aidan enttäuscht fest.

Motley lehnte sich brüllend vor Lachen zurück, Tränen strömten seine Wangen hinab. Aidan konnte nicht verstehen, was so lustig war.

„Krieger”, wiederholt Motley, seinen Kopf immer noch vor Verwunderung schüttelnd. „Nun so wurde ich noch nie genannt. Noch hätte ich mir gewünscht so genannt zu werden.“

Aidan furchte seine Augenbrauen, denn er begriff nichts.

„Ich stamme aus einer Linie von Kriegern“, sagte Aidan stolz und streckte seine Brust, trotz des Schmerzes, hinaus.

„Mein Vater ist ein großer Krieger.“

„Das tut mir sehr leid für dich”, sagte Motley immer noch lachend.

Aidan war verwirrt.

„Leidtun? Warum?“

„Das ist ein Ausdruck”, antwortete Motley.

„Ein Ausdruck?“, echote Aidan. „Es gibt nichts Größeres im Leben als ein Krieger zu sein. Davon habe ich immer geträumt.“

„Gibt es nicht?“, fragte Motley, immer noch amüsiert. „Dann tut es mir doppelt leid für dich. Ich denke zu schmausen, zu lachen und mit schönen Frauen zu schlafen ist das Beste was es gibt – viel besser als auf dem Land herumzustehen und darauf zu hoffen ein Schwert in den Bauch eines anderen Mannes stecken zu können.“

Aidan errötete frustriert; er hatte nie einen Mann in dieser Art und Weise vom Kampf sprechen hören und er nahm es ihm Übel. Er hatte noch nie einen so seltsamen Mann getroffen.

„Und wo ist die Ehre in Ihrem Leben?“ fragte Aidan verdutzt.

„Ehre?“ fragte Motley, scheinbar ehrlich überrascht. „Das ist ein Wort, welches ich in vielen Jahren nicht mehr gehört habe – und es ist ein zu großes Wort für so einen jungen Mann.“ Motley seufzte. „Ich glaube nicht, dass Ehre existiert – zumindest, habe ich sie nie gesehen. Ich dachte einmal ich wäre ehrenhaft gewesen – aber es hat mich nirgendswo hingebracht. Nebenbei habe ich zu viele ehrenhafte Männer hinterhältigen Frauen zur Beute fallen sehen.“, kam er zum Schluss und die anderen im Karren lachten.

Aidan schaute um sich herum, sah, wie all diese Leute singend und tanzend und trinkend den Tag verbrachten und er hatte gemischte Gefühle mit diesem Volk zu reiten. Sie waren freundliche Männer, die sich aber nicht darum bemühten, das Leben eines Kriegers zu führen und die nicht der Tapferkeit dienten. Er wusste, er sollte dankbar für den Ritt sein und das war er auch, aber er wusste nicht, wie er über die Zeit mit ihnen denken sollte. Sie waren zweifellos nicht die Art von Männern, mit denen sein Vater sich abgeben würde.

„Ich werde mit Ihnen reiten”, schloss Aidan schließlich. „Wir sollen Reisebegleiter sein. Aber ich sehe mich nicht als ihren Waffenbruder an.“

Die Augen Motleys Г¶ffneten sich weit, entsetzt,В  und fГјr gut zehn Sekunden war er still, als ob er nicht wusste, wie er darauf antworten sollte.

Dann schließlich barst er in ein Gelächter aus, welches viel zu lange dauerte und alle um sie herum fielen mit ein. Aidan verstand diesen Mann nicht und er glaubte, dass würde er auch nie.

„Ich glaube, ich werde deine Gesellschaft genießen, Junge”, sagte Motley endlich, eine Träne wegwischend.

„Ja, ich glaube ich werde sie sehr genießen.“




KAPITEL NEUN


Duncan marschierte mit seinen Männern an der Seite durch die Hauptstadt Andros. Hinter ihm hörte man die Fußstapfen seiner tausend Soldaten, die siegreich, triumphierend und in ihren klingenden Rüstungen durch die befreite Stadt paradierten. Überall wo sie hinliefen, wurden sie von den Triumphschreien des Volkes begleitet, Männer und Frauen, Alt und Jung, alle in die kostbaren Gewänder der Hauptstadt gekleidet, liefen schnell mit ihnen über die kopfsteingedeckten Straßen und warfen Blumen und Köstlichkeiten in seine Richtung. Jeder schwenkte Stolz die Flagge Escalons. Duncan fühlte sich siegreich als er die Farben seines Heimatlandes wieder schwingen und all diese Leute, die einen Tag vorher noch so geknechtet waren, jetzt so jubelnd und frei, sehen konnte. Es war ein Bild, was er nie vergessen würde, ein Bild, das zeigte, dass es sich alles gelohnt hatte.

Als die frühe Morgensonne über der Hauptstadt aufging, fühlte sich Duncan als ob er in einen Traum marschieren würde. Hier war der Ort, bei dem er sich sicher gewesen war, dass er nie wieder einen Fuß hineinsetzen würde, zumindest nicht lebend und sicherlich nicht unter diesen Bedingungen. Andros, die Hauptstadt. Das Kronjuwel Escalons, Sitz der Könige für tausende von Jahren, war nun unter seiner Kontrolle. Die pandesische Festung war gefallen. Seine Männer kontrollierten die Stadttore, die Landstraßen und die Straßen und Gassen. Es war mehr als er jemals zu hoffen gewagt hatte.

Noch Tage vorher, staunte er, war er in Volis gewesen und gesamt Escalon hatte unter dem eisernen Daumen von Pandesia gelitten. Nun war der ganze Nordwesten Escalons befreit und seine eigene Hauptstadt, Escalons Herz und Seele, war nun frei von der Herrschaft Pandesias.

Natürlich, dessen war Duncan sich bewusst, hatten sie diesen Sieg nur durch Schnelligkeit und Überraschung gewonnen. Es war ein brillanter Sieg, aber möglicherweise war es auch nur ein vorübergehender; sobald die Neuigkeiten das pandesische Königreich erreichten, würden sie kommen – und nicht nur mit einigen wenigen Besatzungen, sondern mit der gesamten Macht der Welt. Die Welt würde erfüllt werden von dem Stampfen der Elefanten und der Himmel würde voll von Pfeilen und das Meer voll von Schiffen sein. Aber das war kein Grund seinen Rücken von dem abzuwenden was gerecht war und von dem, was von einem Krieger verlangt wurde. Jetzt zumindest hielten sie ihr Eigen, für jetzt zumindest waren sie frei.

Duncan hörte ein Krachen und als er sich herumdrehte sah er, wie eine immense Marmor Statue vom ruhmvollen Ra, dem Kaiser Pandesias, umstürzte, an Seilen von Bürgern hinabgezogen. Sie zerbarst in tausend Stücke und als sie am Boden aufschlug, jubelten die Männer und traten auf die Bruchstücke der Statue. Mehr Einwohner stürzten nach vorne und zogen an den riesigen blauen und gelben Bannern von Pandesia und zogen sie von Wänden, Gebäuden und Kirchtürmen hinunter.

Duncan konnte nicht anders, er musste lächeln, und nahm diese Schmeichelei, diesen Sinn von Stolz an, der nun, da sie ihre Freiheit wiedererlangt hatten in diesen Menschen wuchs, ein Gefühl welches er zu gut verstand. Er sah zu Kavos und Bramthos, Anvin, Arthfael und Seavig und all ihren Männern und auch sie strahlten vor Freude und jubelten an diesem Tag, der in die Geschichtsbücher eingehen würde. Es war eine Erinnerung, die sie ihr ganzes Leben mit sich tragen würden.




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